Die Rückkehr der Geopolitik und was sie für Anlageentscheidungen bedeutet

Die Jüngeren werden sich kaum an die Zeit erinnern, als die Blockkonfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion das Weltgeschehen dominierte. Im Westen waren die USA seit dem 2. Weltkrieg die unangefochtene Führungsmacht. Im Osten die SU. Eine bipolare Welt.

Ab 1991 aber gab es nur noch einen Hegemon – die USA. Für Anlegerinnen und Anleger war das eine bequeme Zeit. Der Einfluss der Geopolitik auf ihre Entscheidungen war gering. Das ändert sich jetzt. Im vergangenen Jahrzehnt ist eine neue Weltordnung entstanden, die der Welt vor dem 2. Weltkrieg ähnelt – die Welt ist wieder multipolar geworden. Zahlreiche Akteure ringen selbst- wie machtbewusst um Einfluss. Indien will ebenso ernstgenommen werden mit seinen Interessen wie Saudi Arabien, Südafrika oder Indonesien. Die Folge: Geopolitik ist wieder ein wichtiger Aspekt von Anlageentscheidungen geworden.

Heute und in den Folgewochen soll es hier auf grossmutters-sparstrumpf um einen wichtigen geopolitischen Denker und seine Sicht auf die Weltpolitik gehen – um Marko Papic. Er beschäftigt sich mit Fragen wie „Warum hat Putin die Ukraine angegriffen?“ Nein, das hat er nicht getan, weil er verrückt ist – sondern aus Kalkül. Einem innenpolitischen Kalkül. So Marko Papic, gebürtiger Serbe, der nach Stationen in der Schweiz und zahlreichen anderen Ländern jetzt in den USA lebt und arbeitet.

Für Marko Papic ist die Instabilität die durch den russischen Angriff auf die Ukraine in der Weltpolitik entstanden ist die größte Gefahr für die kommenden Jahre. Und wer Aktien von Gazprom oder Aeroflot im Depot hatte, der weiß jetzt, dass Geopolitik Folgen für das Depot haben kann. Bis hin zum Totalverlust.

 

Multipolar Geopolitics

 

Marko Papic argumentiert seit 2011, dass wir nicht in einer bipolaren Welt leben. Das Spiel heißt in seinen Augen also nicht USA vs. China. Stattdessen sieht er eine Vielzahl von Akteuren, die eigene Interessen verfolgen. Wir erleben also, hat Papic Recht, die Rückkehr der multipolaren Weltordnung, die bis zum 2. Weltkrieg die politische Realität war.

Multipolare Systeme sind instabil und führen zu vielen Konflikten. Das ist nach Papic die weltpolitische Realität in der wir heute leben.

Multipolare Systeme sind deutlich chaotischer als bipolare. Viele Menschen erleben die Rückkehr der multipolaren Weltordnung als eine Verunsicherung für ihr Weltbild. Das ist verständlich. Für uns als Investoren aber wenig hilfreich. Unsere Aufgabe ist es, die Welt zu verstehen – um handeln zu können.

In dieser Situation machen Investoren in den Augen von Marko Papic zwei grundlegende Fehler: Oft blenden sie politische Risiken (wie etwa die Wahrscheinlichkeit eines Brexits vor dem Votum der Briten) komplett aus. Und dann reagieren sie allzu oft panisch, wenn Risiken (Greift China Taiwan an?) offenkundig werden.

Um die Realität zu verstehen ist es vielmehr wichtig, Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Das ist Arbeit. Und wir müssen diese Fakten anschließend sinnvoll interpretieren. Hier rät Papic zu Wahrscheinlichkeiten. Es nutzt nichts, politische Prozesse mit einer Meinung zu begleiten („Finde ich gut!“). Eine Meinung zu haben ist die am weitesten verbreitete Reaktion von Menschen auf politische Prozesse. Selbst aus 1% Fakten generiert unser Gehirn gerne eine für 150% sicher gehaltene Überzeugung.

Marko Papic dagegen will uns zum Wissen verführen. Mehr Fakten. Mehr Wissen. Weniger Gewissheiten. Mehr Wahrscheinlichkeiten.

 

 

Wall Street journalist Markus Koch meets geo-strategist Marko Papic

 

Markus Koch hat sich viel Mühe gegeben mit den insgesamt drei Interviews (mit deutschen Untertiteln), die er mit Papic geführt hat. Im ersten geht es um die Frage, wie politische Prozesse in einer multipolaren Welt am besten zu verstehen sind. Sehr sehenswert und eine tolle Ergänzung zu dem Buch „Geoplitical Alpha“, das Papic geschrieben hat.

 

Zum Video mit Marko Papic geht es hier.

 

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