Die Rezession kommt nicht – die Börsenampel steht auf grün

Börsenpsychologie – Teil III.

 

Seit Monaten schon diskutieren die Medien in den USA eine drohende Rezession. Die Suchanfragen nach dem Wort Rezession sind bei Google im Monat August nach oben geschossen. Sie haben sich mehr als verfünffacht:

 

 

Angst vor einer Rezession ist das eine. Eine Rezession aber ist etwas ganz anderes. Dazu bedarf es harter Fakten. Und nicht nur der bloßen Angst.

Die harten Fakten

 

Wenn du ein besonders valides Instrument nutzen willst, um zu entscheiden, ob die Wirtschaft derzeit schlecht läuft oder ob die Anleger nur gerade mal wieder Panik haben, dann wirf doch einfach einen Blick auf den LEI, den Leeding Economic Index. Wenn der LEI steigt, dann sind die entscheidenden Indikatoren im positiven Bereich. Fällt der LEI hingegen für mehrere Monate, dann verdichten sich die Hinweise auf eine Rezession. Hier kommt ein Blick auf die Entwicklung des amerikanischen LEI:

 

 

Nein, der LEI fällt nicht. Daran hat sich auch in den letzten Monaten nichts geändert. Wirtschaftlich ist in den USA alles im grünen Bereich – einerlei wie man die Politik des amerikanischen Präsidenten beurteilt.

Es gibt den LEI übrigens auch für die Eurozone, für Deutschland, England, Frankreich und für Japan. Und das alles ist auf den Seiten der gemeinnützigen Forschungsorganisation The Conference Board völlig umsonst einzusehen.

Medien wittern unentwegt Gefahren

 

Pessimistische Berichte in der Presse reichen für eine Rezession also nicht aus. Geht es nach den Medien, dann gab es seit dem großen Crash von 2008/09 noch nicht einen einzigen Tag, an dem ich hätte Aktien kaufen dürfen. Es war stets zu gefährlich.

Der LEI beurteilt die Lage anders. Er beurteilt Fakten – nicht Stimmungen. In Deutschland ist die Stimmung in der Wirtschaft derzeit schlecht. Wie sieht das der LEI? Hier kommt der Chart:

 

 

Das ist kein schöner Chart. Der Index fällt schon seit Anfang 2018. Ganz ähnlich sieht es auch bei den Briten aus. Dort ist die objektive Lage der Wirtschaft angesichts des drohenden Brexits und der Unklarheit, wie er sich vollziehen wird, ausgesprochen schlecht. Diese Entwicklung hat schon zu Beginn des Jahres 2017 begonnen:

 

 

Obwohl der LEI für die Briten schon seit fast drei Jahren fällt, haben sie bislang eine Rezession vermeiden können.

Deutschland und Großbritannien sind derzeit die beiden problematischen Volkwirtschaften in Europa. Nicht das allzu viele Medien hierzulande von der Schwäche Deutschlands Kenntnis genommen haben. Stattdessen schreiben sie lieber über die drohende Rezession in den USA. Erst in den letzten Monaten hat sich das ein wenig geändert.

Für die Medien wie für Anlegerinnen und Anleger ist es ganz einfach, der Meinung zu sein, jetzt komme ganz bestimmt eine Rezession – und ein Experte, der das in ein Mikrofon sagt, der findet sich bei einer grassierenden Rezessionsangst immer ganz schnell. Die Frage ist allerdings immer: Was sagen die ökonomischen Fakten?

 

Bildquelle: knipseline / pixelio.de

 

Mein Fazit

 

Die guten Werte des amerikanischen LEI sind für das Depot von grossmutters-sparstrumpf wichtiger als die fallenden Werte einiger europäischer Länder. Großbritannien könnte eine Rezession drohen. Deutschland laviert ebenfalls schon lange hart am Rande einer Rezession, ohne dass die Öffentlichkeit das wirklich registriert – und ohne dass die Regierung von ihrem sinnlosen Dogma der schwarzen Null abrückt und Geld für dringend nötige Investitionen ausgibt.

Für grossmutters-sparstrumpf ist der amerikanische LEI und seine Entwicklung ohnehin wichtiger. Ich bin schwerpunktmäßig in amerikanische Aktien investiert. Gut dass ich nicht auf die Medien gehört habe, die mich genau davor gewarnt haben. Vor drei Jahren hat Focus Money vor amerikanischen Aktien gewarnt. Sie haben seinerzeit die mögliche Wahl von Donald Trump zum Präsidenten sogar zum Anlass für eine (pessimistische) Titelstory genommen.

Immer wieder haben mich auch hier auf dem Blog Leser vor einer angeblichen Überbewertung des amerikanischen Aktienmarktes gewarnt. Es sei zu gefährlich, dort zu investieren.

Und das Ergebnis?

In den letzten drei Jahren ist mein Depot um 72 Prozent gestiegen. Der MSCI World hat ebenfalls deutlich zugelegt – um 29 Prozent (in Euro, inkl. Dividenden).

Ich werde auch in Zukunft nicht auf den politischen oder wirtschaftlichen Pessimismus der Medien hören. Die Medien lieben nicht nur den ganz normalen Pessimismus, sondern auch den regelmäßigen Hinweis auf den drohenden Weltuntergang. Seit 10 Jahren erwarten sie – wie viele Anlegerinnen und Anleger auch – den nächsten großen und möglicherweise noch schlimmeren Crash.

Doch der Crash kommt nicht.

Auch auf eine Rezession warten die Medien nun schon lange. Niemand weiß, wann sie kommt. Das kann in zwei Jahren passieren. Oder auch erst in acht. Ich werde bei Korrekturen wie der von Ende 2018 auch weiterhin Aktien nachkaufen. Erst wenn der LEI über Monate deutlich fällt, werde ich damit aufhören – um mein Geld dann im Verlauf des nächsten Bärenmarktes anzulegen.

Bis dahin gilt: Die Börsenampel steht auf grün.

 

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9 Kommentare

  1. Wolfgang

    Hallo Christian,

    den LEI-Chart für die USA finde ich etwas ungenau und er zeigt vor allem die letzten beiden Monate nicht detailliert. Das Conference Board hat für den Leading Economic Index USA für die Monate Sept -0,1% und für August -0,2% gemeldet Quelle: https://www.conference-board.org/data/bcicountry.cfm?cid=1

    Ich finde eine bestimmte Anlagestrategie „LEI3“ betreffend dem Timing für Aktien-/ETF-Käufe bzw. Verkäufe sehr interessant, die darauf basiert, nach 3 aufeinander folgenden Monaten mit negativer Veränderung des Leading Economic Index alle Positionen zu veräußern (entsprechend bei 3-maliger Indexerhöhung wieder einsteigt). Die Strategie basiert auf Börsendaten bis zurück nach 1970 und schlägt die „buy & hold“ Methode. Quelle: the journal of portfolio managment https://jpm.pm-research.com/content/42/1/110

    Laut dieser Strategie müssten dann die US Aktienindexes Börsenampeln aktuell auf gelb stehen. Die Indexänderung für Oktober wären dann abzuwarten.
    Speziell finde ich diese Strategie interessant, wenn z.B. ein größerer Einzelbetrag frei wird, den man am Aktienmarkt investieren will und eine Entscheidung zum Zeitpunkt des Investments fällen will.

    Was hältst Du von dieser Strategie?

    Viele Grüße Wolfgang

    P.S. Ich finde Deinen Blog toll, speziell gefällt mir, dass Du auch ein konträre Meinung zu anderen Medien einnimmst und diese dann auch stark vertrittst

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Danke dir für dein Lob, Wolfgang! Die Miniabschläge im LEI für September und August fallen kaum ins Gewicht. Ich selber würde niemals deswegen verkaufen. Ich bleibe bei Buy and hold. Wenn die Börsenampel in meinen Augen auf gelb springt, werde ich sicherlich nicht im großen Stil verkaufen. Das ergibt auch wenig Sinn, da ich dann die Gewinne versteuern muss (ein Punkte der bei diesen theoretischen Berechnungen nie berücksichtigt wird – ich verliere ja 25 Prozent meines Geldes, das ich dann nicht wieder anlegen kann; verkaufe ich nicht, behalte ich es, bis ich verrentet werde und langsam Aktien abbaue). Ich werde dann vielmehr sparen. Um im Bärenmarkt kaufen zu können.
      Schöne Grüße aus Berlin
      Christian

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  2. Marcel

    Hallo HR. Thiel

    vielen Dank für den interessanten Artikel und selbstverständlich auch den hoch interessanten Link. Ich möchte Sie jedoch darauf aufmerksam machen das dieser Indikator nachlaufend ist und damit nicht als zur Vorhersage zukünftiger Entwicklungen taugt. Des weiteren möchte ich Ihnen auch empfehlen sich nie nur auf einen Indikator zu verlassen, was die Vorhersage zukünftiger Ereignisse angeht. Also Beispiel möchte ich hier nur den „Buffet-Indikator“ nennen, welcher ein anderes Bild der amerikanischen Wirtschaft zeigt. Die Frage ist aber grundsätzlich, inwie weit Indikatoren überhaupt Verlässlichkeit besitzen……..

    Beste Grüße!

    Marcel

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Der Buffett-Indikator kann angesichts sehr niedriger Zinsen derzeit nicht als zuverlässig gelten. Meine Meinung. Zudem zeigt der Buffett-Indikator meines Wissens nicht den Zustand der Wirtschaft an, sondern eine mögliche Überbewertung der Märkte. Es gibt wohl niemanden der nicht zugibt, dass der amerikanische Markt leicht überbewertet ist.

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  3. IMHAMSTERRAD

    Mal schön zu lesen, dass jemand meine Meinung vertritt. Die Crashpropheten machen seit Jahren alles mies, viele Finanzblogger machen da leider auch mit und empfehlen den Menschen, ihre Aktien zu verkaufen und Cashbestände aufzubauen. Das Wachstum ist etwas rückläufig, na und, es ist Wachstum. Alles Gemecker auf hohen Niveau. Ich kaufe jeden Monat Aktien hinzu und werde definitv nicht eine einzige Aktie verkaufen, warum auch, die Unternehmen sind solide. Man kann von Trump halten was er will, ja, er ist ein ungebildeter Depp, aber er wird alles tun, damit die Aktienkurse weiter steigen, sonst kann er seine Wiederwahl vergessen.

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  4. Thomas Müller

    Gute Analyse, aber Link auf das Conference Board funktioniert nicht (access denied)
    Beste Grüße
    Thomas Müller

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Bei mir ging er. Ich schau mal, woran das liegt. Danke für den Hinweis Thomas!

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  5. Mike

    Also mit diesem Artikel hast du dir aber keinen Gefallen getan. Hast du nicht daran gedacht, dass sich vor allem die negativen Nachrichten gut verkaufen? 😉

    Es gibt schon einige Indikatoren, die auf eine Eintrübung der Weltwirtschaftslage hindeuten. Aber es ist lange nicht so dramatisch, wie man es uns oft glauben machen will.

    So lange sich das Finanzsystem auf seinen wackeligen Niedrigzinsbeinen halten kann, wird es an den Börsen sicherlich weiter aufwärts gehen. Was sonst sollen die Anleger auch mit ihrem Geld machen?

    Schwierig wird es wohl erst, wenn die Zinsen mal wieder steigen. Dann erwischt es die Zombiefirmen und so manchen Hausbesitzer.

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Mit Niedrigzinsen ist die amerikanische Wirtschaft auch in den 30er, 40er und 50er Jahren gut gefahren. Danach sind die Zinsen langsam aber sicher in relevantere Höhen gestiegen. Gut möglich, dass wir diesmal das gleiche erleben. Das kann noch sehr lange so weiter gehen.

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