Ich habe Daimler-Aktien vererbt bekommen – was soll ich tun?

Ich habe 165 Daimler-Aktien vererbt bekommen, ich würde aus heutiger Sicht keine Daimler Aktien kaufen, das Auto-Geschäft ist mir zu unsicher geworden…ich tue mich andererseits schwer die Strategie des neuen CEO einzuschätzen. Innerlich tendiere ich, zumindest die Hälfte davon zu verkaufen und damit andere Aktien zu kaufen, die mich eher ansprechen…Was würdet Ihr damit machen? Anlage-Strategie des Depots ist langfristig und eher buy and hold (hoffe, das widerspricht sich jetzt nicht)…Danke Euch!

Paris (47), München

Erneuter Abwärtstrend

 

Die Aktie von DAIMLER war einer der großen Gewinner in der Erholungsrallye der deutschen Autowerte von Ende August bis Ende Oktober. Es ging in dieser kurzen Zeit um über 30 Prozent nach oben (von 40 Euro bis auf 54 Euro).

Solche Erholungen in einem intakten Abwärtstrend sind mit Vorsicht zu genießen. Gut möglich, dass DAIMLER und der Rest der deutschen Autoindustrie erneut neue Tiefs ansteuern. Die Aktie notiert schon seit Wochen wieder unter den 50 Euro. Der nächste Versuch, die 40 Euro zu knacken könnte bald folgen.

Vielleicht hilft dir ja ein Blick auf den Langfristchart von DAIMLER, um zu einer Entscheidung zu kommen. So sehen 30 Jahre DAIMLER aus:

 

 

Sell Daimler

 

DAIMLER ist eine meiner (wenigen) Sell-Empfehlungen. Aus diesem Grund tracke ich sie regelmäßig. Ich will sehen, ob die von mir zum Verkauf empfohlenen Aktien den Markt tatsächlich underperformen. So sieht DAIMLER aus, wenn du die Aktie seit meiner Sell-Empfehlung von Juli 2018 mit dem Weltaktienmarkt (ETF auf den MSCI World) vergleichst:

 

 

DAIMLER geerbt – was nun?

 

Ich selber würde, wenn ich Aktien von DAIMLER erbe, alles verkaufen (das ist bei geerbten Aktien sehr schwer, ich weiß) – dazu muss DAIMLER auch keinen Kurs von 60 Euro erreichen, weil sie zu dem Kurs mal gekauft wurden.

Wer mit einer Aktie unglücklich ist (und mit anderen besser fahren kann) der sollte verkaufen – und nicht warten, bis er seinen Einstandskurs wieder erreicht hat. Das kann Jahre dauern (oder auch schneller gehen).

 

 

Zudem befindet sich DAIMLER (wie schon ein Blick auf den 5-Jahres-Chart oben zeigt) noch immer in einem intakten Abwärtstrend. Es ist ja keinesfalls ausgemacht, dass die Aktien der Auto-Unternehmen in 2019 ihren Boden gefunden haben. Es kann so sein. Es muss aber nicht.

Mir persönlich wäre das Risiko viel zu hoch, dass es weiter abwärts geht. Zudem kann ich bei einem Verkauf von DAIMLER (wenn ich sie denn erben würde – ist nicht zu erwarten) das Geld in solidere Anlagen umschichten, die langfristig einen Sinn ergeben. Den Weltaktienmarkt zum Beispiel. Der MSCI World ist nun mal als Investment seit jeher besser als das deutsche Vorzeigeunternehmen.

 

Was wird aus DAIMLER?

 

Über die Zukunft des Unternehmens selber sagt mein Pessimismus in Bezug auf die Aktie nichts aus. Angesichts des Machthungers und der Zielstrebigkeit der Chinesen (und der bereits erfolgten Beteiligung von chinesischen Großaktionären an DAIMLER) gehört nicht viel Phantasie dazu vorauszusagen, dass DAIMLER in zehn Jahren eine deutlich chinesischere Aktie sein wird. Der Smart ist bereits komplett nach China gegangen.

Ich gehe davon aus, dass das nur der Anfang einer längeren Entwicklung ist. Ich bejubelt die nicht und beklage sie auch nicht. Ich halte sie nur für logisch.

China kann mit der guten Reputation des Unternehmens etwas anfangen und kann sie nutzen. Zudem wird der chinesische Markt noch auf viel Jahre der größte Automarkt der Welt sein. Wer zahlt hat die Macht.

 

DAIMLER bleibt ein schreckliches Investment

 

So interessant DAIMLER für die Chinesen ist (ohne deren Interesse stände der Kurs jetzt möglicherweise schon bei 40 Euro und tiefer), so grauenvoll ist ein Investment aus Sicht von Privatanlegerinnen und -anlegern. Das hat zwar auch ein wenig mit dem Unternehmen selber zu tun, in der Hauptsache aber mit dem Sektor, in dem es tätig ist.

Wer sich die Daten zum training return von DAIMLER auf Morningstar anschaut, der sieht sofort, wie viel Geld er (trotz der hohen Dividende) mit einem Investment in DAIMLER gegenüber dem Gesamtmarkt verloren hat.

Das sieht bei DAIMLER noch nicht einmal besonders schlimm aus. FORD zum Beispiel ist, schaut man auf den Gesamtreturn, in den vergangenen Jahren ein ungleich schrecklicheres Investment gewesen. Hier kommt ein Blick auf die Tabelle mit den trailing returns für FORD:

 

 

Wenn du in die Spalte mit dem Return für 10 Jahre schaust, dann siehst du, dass der amerikanische Markt in dieser Zeit einen Return von 13,6 Prozent hatte. Autohersteller kommen aber nur auf magere 6,35 Prozent. Wer FORD im Depot hatte, der musste mit unglaublichen 1,7 Prozent zufrieden sein – und dabei reden wir hier gerade über die relativ guten Zeiten der Autoindustrie, ohne jede Rezession in dieser Dekade.

Nimmst du die davor liegende schwierige Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/09 mit hinzu, dann liegt FORD bei noch unglaublicheren 0,13 Prozent Return pro Jahr. Während der Markt selber auf 9,6 Prozent kommt.

DAIMLER schneidet deutlich besser ab und liegt auf Morningstar bei 4,4 Prozent über zehn Jahre (und 4,7 Prozent über 15 Jahre) – und damit ganz klar sehr weit hinter dem Markt.

 

Never lose Money

 

Die Automobilindustrie ist bleibt das Haifischbecken der Weltwirtschaft. Das hat mit Konkurrenz zu tun, mit Prestige, mit nationalen Interessen und natürlich auch mit den extremen Umbrüchen durch die Elektromobilität, die auf die Unternehmen zukommen. Ein Investment hier wiederspricht in meinen Augen ganz klar der Regel Nummer Eins von Warren Buffett: „Never lose money“.

 

Meine ursprüngliche Sell-Empfehlung zu Daimler mit zwölf Gründen, warum ich die Aktie nicht im Depot haben möchte, findest du hier.

 

 

Wenn du keinen Beitrag mehr verpassen willst, dann bestell doch einfach den Newsletter! So wirst du jedes Mal informiert, wenn ein neuer Beitrag erscheint!

 

 

11 Kommentare

  1. Gurki

    Hey, und wie würdest Du mit der Deutschen Bank umgehen? Die zieht mir nämlich mit ihren über 60% im Minus mein ganzes Depot runter…
    Keine Ahnung was mich geritten hat die zu kaufen. Leider ists ein etwas größerer Betrag und relativ schmerzhaft, würde ich jetzt verkaufen. Aber ärgern tut sie mich schon und nochmal kaufen werde ich sie nicht bzw. stehe ich nicht mehr dahinter.
    An und für sich hatte ich immer den Gedanken sie bis zum Einstandswert zu halten. Könnte aber tatsächlich noch einige Jahre – wenn überhaupt – dauern…

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Du bringst mich in eine schwierige Lage. Ich kann dir schlicht nicht sagen, wie du mit so einem Kauf jetzt umgehen solltest. Erstens wäre das illegal. Zweitens könnte ich dir mit jedem Rat mächtig schaden (deshalb ist es auch illegal). Sage ich „verkaufen“ und die DEUTSCHE BANK steigt in den nächsten Wochen um 100 Prozent (möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich) dann wärest du sauer auf mich. Sage ich „halten“ und das blöde Ding fällt um 50 Prozent (möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich), dann war mein Rat auch nicht hilfreich.
      Ich rede mich also jetzt mal so raus: Ein Fehler ist dazu da, um aus ihm zu lernen. Das ist in dem Fall sicherlich das wichtigste für dich. Da niemand weiß, wie es mit dem Kurs der DEUTSCHEN BANK weitergeht, musst du selber zu einer Entscheidung kommen, ob das Geld nicht doch in einem anderen Investment besser aufgehoben ist.
      Du musst zufrieden sein mit deiner Entscheidung. Ich selber habe schon manche Niederlage einstecken müssen. Ich habe Aktien mit sehr hohen Verlusten verkauft. Das war jedes Mal bitter für mich. Es ist mir wirklich sehr schwer gefallen. Ich habe mich bemüht, daraus zu lernen – das ist das wichtigste. In meinen Augen.
      Zum Einstandwert verkaufen ist keine gute Strategie, wenn du mit einem anderen Investment besser fahren könntest. Zum Einstandskurs verkaufen nennt man auch „Verlustaversion“. Die kann uns als Anleger viel Geld kosten.

      Antworten
  2. Finwohl

    Ich würde die Frage anders stellen: Stell dir vor du hast nicht die Aktien, sondern z.B. 8500 € in Cash geerbt. Was würdest du damit machen:

    a) In Daimer-Aktien stecken –> Dann bleib drin
    b) In was anderes investieren (z.B. MSCI World) –> Verkaufen und machen
    c) Ganz was anderes

    Unabhängig von dieser Fragestellung hat die Option a auf jeden Fall ein höheres Einzelwert- und auch Branchenrisiko. Dies würde mit der Option b komplett eliminiert werden. Hier hat man dann nur noch das allgemeine Konjunkturrisiko.

    Antworten
  3. Spaceman

    Du hast die Aktien geerbt, also quasi geschenkt bekommen. Wieso dann verkaufen?
    Lass sie einfach im Depot liegen und erfreue dich jedes Jahr an der Dividende.
    Ja, die Automobilbranche ist im Wandel. Aber kein Grund, ein Geschenk wegzuwerfen.

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Meine Güte, was für ein Aufruf zur Verantwortungslosigkeit! Das Geld in den MSCI World umzuschichten ist doch kein „wegwerfen“.
      Irritierte Grüße aus Berlin
      Christian

      Antworten
  4. DividendenSparer

    Von Daimler-Aktien würde ich mich auch so schnell wie möglich trennen. Die Dividenden wurden gerade gekürzt und der Boden ist bei dem Kursverlauf noch nicht in Sicht. Der Automobilsektor ist ohnehin ein sehr schwieriger. Permanent sind hohe Investitionen notwendig und es wimmel nur so von Mitbewerbern. Und was die eMobilität betrifft, da ist Daimler von allen deutschen Herstellern am schlechtesten aufgestellt.

    Der Aktien-Erbe sollte sich nun fragen, welche Wertpapiere eher seiner Anlagestrategie entsprechen und den Erlös aus dem Daimler-Aktienverkauf in solche Aktien investieren. Solange dieser Schritt nicht getan ist, fallen auch noch täglich Opportunitätskosten an.

    Viele Grüße
    Mike

    Antworten
  5. Hutzel69

    Danke für den tollen Beitrag! Mein Schwiegervater schleppt schon ewig Daimler Aktien mit sich rum, und hofft auf besagten Einstandswert um zu verkaufen.
    Ich beschäftige mich erst seit kurzem mit Aktien. Aktuell komme ich zu dem Schluss, da mir Expertise und Zeit , diese zu erwerben, fehlen, einfach in den msci world zu investieren. Damit läuft es doch durchaus zufriedenstellend. Sehe ich das richtig?

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Die allermeisten unabhängigen Finanzratgeber wie zum Beispiel Finanztip raten zu diesem Vorgehen. Einfach mal reinschauen und sich schlau machen: https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/
      Der Return von DAIMLER lässt sich für einen längeren Zeitraum übrigens ohne Probleme berechnen. DAIMLER hat netterweise ein Starholder-Tool (Renditerechner) dafür. Im Moment kommt der über 10 Jahre (2010-2020) auf eine jährliche Rendite (inkl. Dividenden) von immerhin 5,9 Prozent. Da da die Steuern nicht berücksichtigt sind, dürften die meisten Anlegerinnen und Anleger real über diesen Zeitraum deutlich weniger haben, da ein großer Teil dieses Returns über die Dividende zustande gekommen ist.
      Der MSCI World kommt hingegen auf rund 11 Prozent pro Jahr.
      Disclaimer: Vergangene Gewinne sind keine Garantie für die Zukunft. Der Gewinn des MSCI World ist durch das Tief der Jahre 2008/09 deutlich nach oben verzerrt. 6-8 Prozent sind beim MSCI World in meinen Augen auf Sicht von 25 Jahren eine realistische Erwartung, mehr nicht.

      Antworten
  6. Felix

    Daimler hat einen guten Namen, baut qualitativ gute Autos, hat hohe Schulden und Schwierigkeiten mit dem Technologiewandel.
    Ich selbst setze auf Tesla. Das scheint mir die neue Autowelt zu sein. Dabei ist Autowelt untertrieben; es ist High-Tech in Reinkultur. Wie Amazon mischt hier ein Startup ein altes Business auf und zwar weltweit. So wie bei Amazon spielt dabei die Digitalisierung mit Bigdata die zentrale Rolle. Autos sind die Datenquelle. Autonomes Fahren, neue Versicherungsmodelle, ganz neue Mobilitätskonzepte werden sich ergeben. So ganz nebenbei ist auch eine Energierevolution inkludiert. Vom genialen Elon Musk ganz zu schweigen. Die Googlegründer, Jeff Bezos und Elon Musk scheinen die Ausnahme-Unternehmer des 21. Jahrhunderts (zumindest der ersten Hälfte) zu sein.
    Ich setzte jedenfalls einen hohen Investmentbetrag auf sie.

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ich nicht, Felix. Mir ist auch das zu riskant. Ich muss nicht bei jedem Trend mit dabei sein. Bei diesem Trend (eMobilität) bin ich mir besonders unsicher, ob er in absehbarer Zeit zu Profitabilität führt. Es kann auch sein, dass sich die Unternehmen noch auf viele Jahre hin die Kunden wegschnappen. Gleichzeitig müssen sie hohe Investitionen stemmen, die das Wirtschaften schwer machen.
      Schauen wir mal. Ich wünsche jedem Erfolg, der auf Elon setzt. Obwohl ich selber nicht (mehr) auf Elon setze.

      Antworten
      1. Felix

        Ja klar ist das Risiko hier größer als bei einer etablierten Firma. Die über 100 % Kursplus bei Tesla binnen Monatsfrist, die ich voll mitgenommen habe, bilden einen gewissen Puffer.

        Antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

fünfzehn − 15 =