Es war die Woche der FAANG-Aktien. Wieder einmal. APPLE, AMAZON und FACEBOOK legten am Donnerstag nach Börsenschluss sehr gute Quartalszahlen vor. Alle drei Unternehmen konnten die Erwartungen bei weitem schlagen. Sowohl APPLE als auch FACEBOOK stiegen daraufhin am Freitag auf neue Allzeithochs. Die Aktie von AMAZON zog ebenfalls deutlich nach oben.
AMAZON konnte seinen Umsatz um 40 Prozent steigern. Der Gewinn (EPS) war sieben Mal so groß wie erwartet. FACEBOOK konnte seinen Umsatz ebenfalls steigern, um 10 Prozent. Kaum jemand hatte so etwas erwartet. Die Zahl der Nutzer von FACEBOOK stieg noch einmal um 3 Prozent.
APPLE legte am Freitag gleich um rund 10 Prozent zu und ist mit einer Marktkapitalisierung von 1,842 Billionen Dollar der zweiten Billion schon ziemlich nahe gekommen. Das Unternehmen ist alleine am Freitag um rund 150 Mrd. Dollar wertvoller geworden. Warum?
Die Zahlen waren einfach zu gut. APPLE konnte in dem sonst eher schwachen Frühjahrsquartal seinen Umsatz um 11 Prozent steigern. Überraschung!
Der Gewinn stieg bei dem ohnehin schon sehr gut verdienenden Unternehmen noch einmal um 12 Prozent, der Gewinn pro Aktie (EPS) sogar um 18 Prozent. Krise? Welche Krise!
Boeing
Vielleicht ist es sinnvoll diese sehr guten Zahlen mit den Ergebnissen von Unternehmen aus anderen Branchen zu vergleichen. BOEING zum Beispiel fährt derzeit Quartal für Quartal einen Verlust von rund 5 Mrd. Dollar ein. Die Old Economy ächzt unter der Last der Verwerfungen, die die Corona-Pandemie in ihren Branchen ausgelöst hat. Ohne staatliche Hilfen wäre selbst BOEING derzeit wohl insolvent. Dank großzügiger Unterstützung aus Washington laviert das Unternehmen jetzt am Rande einer Insolvenz herum, so wie die ehemalige amerikanische Industrie-Ikone GENERAL ELECTRIC auch.
Die Old Economy – sieht alt aus
Und die Anlegerinnen und Anleger? Sie reagieren in meinen Augen ausgesprochen rational. Sie verkaufen die Aktien der Old Economy und schichten um in Aktien von Unternehmen, die auch in der Krise gut laufen. APPLE. AMAZON. FACEBOOK. MICROSOFT. NETFLIX. Die Liste der Profiteure ist lang und beinahe alle haben ein gemeinsames Merkmal – sie werden dem Technologiebereich zugerechnet. Das ist nicht ganz korrekt, denn AMAZON ist ebenso wenig ein Technologie-Unternehmen wie NETFLIX oder FACEBOOK. AMAZON gehört in den Bereich Retail. NETFLIX gehört, wie DISNEY in den Bereich Entertainment.
Diese Sonderkonjunktur der Tech-Werte zeigt sich auch in meinem Depot. Mein wiki „Global Champions“ steht mit einem Zuwachs von 12 Prozent für die vergangenen 12 Monate sehr gut da. Das ist deutlich mehr, als ich vor einem Jahr erwartet habe. Damals habe ich hier auf grossmutters-sparstrumpf die Frage gestellt, wo wir in einem Jahr stehen werden? Meine Antwort lautete: Möglicherweise genau da, wo wir derzeit stehen.
Ich lag damit ziemlich gut. Der MSCI World hat nur um 0,3 Prozent zugelegt – und steht somit genau da, wo er vor einem Jahr auch stand.
Oben siehst du (wie immer wenn ich auf den MSCI World schaue) einen aktuellen Blick auf einen ETF von Blackrock (iShare), der die Performance des Index in Euro und inklusive Dividenden zeigt. Für den S&P 500 sind es rund 3 Prozent Plus (in Dollar gerechnet allerdings rund 10 Prozent). Ich war mit meiner Annahme vor einem Jahr also ziemlich nahe am tatsächlichen Resultat – möglicherweise aber ein wenig zu pessimistisch.
Global Tech-Champions
Plus 12 Prozent für das Depot von grossmutters-sparstrumpf im Vergleich zu dem mageren Zuwachs beim MSCI World, das ist ein gutes Ergebnis. Allerdings hat das vor einem Jahr gestartete wiki „Global Tech-Champions“ in dem Zeitraum um rund 35 Prozent zugelegt. Dieser Unterschied ist, bezogen auf die Zeit der Krise sogar noch deutlich größer. Im Jahr 2020 haben die „Global Champions“ um 5,9 Prozent hinzugewonnen. Die „Global Tech-Champions“ dagegen um 42,2 Prozent. Ups.
Das ist ein krasser Unterschied und er gibt mir nun schon seit Monaten zu denken. Er zeigt, dass wir gerade eine Sonderkonjunktur der Technologiewerte erleben. Manche Medien sprechen bereits von einem neuen Hype. Ich tue das nicht, sondern frage mich, was dieser starke Anstieg der Tech-Werte zu bedeuten hat. Und welche Schlüsse für die Zukunft wir aus ihm ziehen können.
Software is eating the world
Ich bin schon lange der Überzeugung, dass die Devise „Software is eating the world“ die Richtung auf dem Aktienmarkt vorgibt. Aus diesem Grund habe ich vor gut einem Jahr rund 5 Prozent des Depots (Global Champions) mit High-Tech-Aktien versehen. In einem zweiten Schritt habe ich dann das neue wiki konzipiert, die „Global Tech-Champions“. Es enthält zu 50 Prozent Schwergewichte der Technologiewelt. APPLE. ADOBE. MICROSOFT. Diese Unternehmen verfügen entweder über sehr hohe Cash-Bestände oder generieren zumindest einen hohen Cash Flow. Sie sind – so meine damalige Annahme – auch in einer Krise extrem handlungsfähig. Und stellen damit die möglichen Gewinner einer Rezession.
Die zweite Hälfte des neuen wikis bilden Unternehmen, die extrem stark wachsen und die im Kern aus Software-Lösungen bestehen. ZOOM VIDEO, APPIAN, ARISTA, TWILIO, OKTA, SQUARE, THE TRADE DESK.
Die Kombination aus hoch profitablen Werten einerseits und sehr schnell wachsenden Unternehmen andererseits, sollte im Fall einer Krise den von mir angenommenen tiefen Fall der High-Growth-Aktien abmildern. Die Krise kam schneller als von mir erwartet – und verlief völlig anders als von mir angenommen. Die High-Growth-Aktien haben sich in den letzten Monaten als die großen Gewinner der Krise erwiesen. Sie konnten ihren Umsätze zum Teil verdoppeln und verdreifachen. Die Kurse vieler dieser Unternehmen schossen steil in die Höhe. Was die High-Growth-Aktien angeht, habe ich mich also gründlich geirrt.
„Kann Tech noch weiter outperformen?“, fragen sich viele Anlegerinnen und Anleger. Um diese Frage zu beantworten, ist es zunächst einmal sinnvoll zurückzuschauen und sich zu fragen, seit wann Technologie-Aktien den breiten markt outperformen. Die Antwort mag manchen überraschen. Sie lautet: Seit 18 Jahren. Seit dem Jahr 2002 also.
Nach dem epischen Fall der NASDAQ in den Jahren 2000-2002 erleben wir, dass Technologie-Aktien den Rest des Marktes (im Chart zu sehen ist als Vergleich der S&P 500) sehr deutlich überflügeln. Die Prozentzahlen sprechen für sich. 1.000 Prozent für die NASDAQ – 324 Prozent für den S&P 500 (beides ohne Dividenden). Wer aus den wirklich dramatischen Verlusten des Crashs der Jahrtausendwende den Schluss gezogen hat, den Technologiebereich zu meiden, der läuft dem Markt jetzt schon seit 18 Jahren hinterher.
Es gab immer wieder einzelne, heftige Korrekturen im Tech-Bereich. Aber auf lange Sicht aber kann der Sektor jetzt seit 18 Jahren punkten. Ich schließe keine Wette darauf ab, dass sich daran etwas ändert. Es gibt dafür schlicht keine Anhaltspunkte. Nach meiner Auffassung wird sich der Trend zu extrem profitablen Tech-Unternehmen sogar eher noch beschleunigen.
Mein Fazit
1. Ich werde das Geld von grossmutters-sparstrumpf nicht komplett in den Tech-Sektor umschichten. Mir ist so ein Vorgehen viel zu riskant. Allerdings werde ich zwischen 5-10 Prozent des Depots umschichten. Am Freitag habe ich LAM RESEARCH in das Depot aufgenommen. Als nächstes wird der Chiphersteller NVIDIA folgen. Schon vor Wochen habe ich das Cloud-Unternehmen FASTLY gekauft.
2. Je länger die Corona-Krise anhält, desto länger kann auch die aktuelle Marktrallye der Technologiewerte weitergehen. Weil die Anleger umschichten. Weil immer klarer wird, wer die Gewinner des vor uns liegenden Jahrzehnts sein werden. Die heißen nicht BOEING, FORD oder BASF – sondern APPLE, PINTEREST und FASTLY.
3. APPLE wird das Kursziel von 500 Dollar deutlich schneller erreichen, als ich es vor zwei Jahren angenommen habe. Wie von mir erwartet, wird APPLE das neue PROCTER & GAMBLE.
4. Jeder muss für sich selber entscheiden, welchen Anteil Technologie-Aktien an seinem Depot haben sollen. Ich habe für mich entschieden, dass dieser Anteil steigen wird. An meinen Investments außerhalb des Tech-Bereichs wird sich bei alledem nur wenig ändern. AMERICAN EXPRESS habe ich verkauft. CVS HEALTH reduziert.
Die große Zahl der Nicht-Technologieaktien steht für mich hingegen nicht zur Disposition. LINDT ist auch weiterhin im Depot. Das gleiche gilt für DISNEY, STARBUCKS, SHERWIN-WILLIAMS, ADIDAS, NIKE, MASTERCARD, CHIPOTLE MEXICAN GRILL und JOHN DEERE. Allerdings gilt auch für diese Unternehmen die Regel „Software is eating the world“. Sie alle werden mehr und mehr mit Apps arbeiten (Software) und über digitale Kanäle verkaufen (Software). Tun sie das nicht, riskieren sie ihre Zukunft.
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Herr Thiel, vielen Dank für diesen wie immer sehr informativen Beitrag. Ich habe vor der Krise in Boeing investiert (rund 15 Aktien) mit der Hoffnung, dass durch steigende Passagierzahlen und die Wiedereinführung der 737MAX Boeing profiteren kann. Leider machte mir Corona einen Strich durch meinen Plan, sodass ich auf dem Papier nun -55% Verluste eingefahren habe. Was raten Sie, verkaufen, Verluste verbuchen und nicht mehr drüber nachdenken oder erstmal die Aktien so stehen lassen und auf eine leichte Kurswende nach oben warten? Besonders da ich auf das investierte Geld derzeit nicht angewiesen bin.
Wir sind hier per du, Dominik. Ich kann und darf keinen Rat in so einer Frage geben. Ich darf es nicht (es wäre illegal und du könntest mich verklagen, wenn du meinem Rat folgst und die Aktie etwas ganz anderes macht, als ich erwarte). Aber ich kann und will es auch nicht. Ich habe meine Position deutlich gemacht. Ich selber kann nur für Aktien sprechen, die ich auch im Depot habe – und da gehört BOEING nun mal nicht dazu.
Sollte es in den nächsten Monaten eine medizinische Lösung für die Pandemie geben, werden auch Aktien wie BOEING profitieren. In welchem Tempo, das kann keiner sagen. Sollte es keine Lösung geben, dann kann die Aktie sich noch einmal halbieren. So ist die Lage. Entscheiden über dein Geld – musst jetzt du.
Man darf aber nichtsdestotrotz auch nicht vergessen, dass es an der Börse immer Branchenrotationen gegeben hat. Momentan ist Tech angesagt, besonders die Plattformunternehmen, keine Frage. Trotz der hohen Bewertungen ist noch kein Ende in Sicht, das sehe ich auch so.
In den kommenden zehn Jahren stehen viele weitere technologische Durchbrüche bevor: KI, Blockchain, autonomes Fahren, regenerative Energien, IoT, 3D-Druck, … Das wird die Tech-Branche weiter befeuern.
Als nächste Branche, welche die Computertechnologie als Börsenliebling ablösen könnte, könnte ich mir Biotech vorstellen, gerade in Zusammenhang oder in Gefolge von COVID-19.
Sobald es einen Impfstoff gibt, erwarte ich einen starken Rebound für die Teile der Ökonomie, die jetzt stark leiden – die aber trotzdem sehr schnell wieder hochprofitabel werden können (wie etwa DISNEY). Tech dagegen wird es dann für eine Weile schwerer haben. Derzeit ist nicht klar, wann wir diesen Zeitpunkt erreichen. Das kann auch noch Jahre dauern.