Warum die Aktie von Lindt im Depot von grossmutters-sparstrumpf ist und die von Nestlé nicht

Ich hab da mal eine Frage: Viele Nahrungsmittelkonzerne wie KRAFT, GENERAL MILLS, MARS und COCA COLA haben in den letzten Jahren große Wachstumsprobleme. Was hältst du in diesem Zusammenhang von NESTLÉ? Ich habe sie schon seit Jahren, bin aber nun nicht mehr so überzeugt und überlege sie in LINDT zu tauschen.

Bernd, Berlin

 

Danke zunächst einmal für deine Frage Bernd. Sie ist für mich eine gute Gelegenheit, endlich mal zu klären, warum im Depot von grossmutters-sparstrumpf zwar die Aktie von LINDT ist, aber nicht die von NESTLÉ – und warum sich das wohl nicht so schnell ändern wird.

Die Aktie von NESTLÉ ist jetzt seit drei Jahren schon nicht mehr vom Fleck gekommen. Das ist eine lange Zeit. Aber ich will nicht zu vorschnell urteilen. Auch Aktien wie NIKE oder DISNEY hatten in den letzten drei Jahren ziemliche Durchhänger. Sie liefen seitwärts – aber nie nach Norden. Ich habe trotzdem an ihnen festgehalten. Zu Recht. Beide Aktien machen in diesem Jahr endlich wieder große Freude.

Schauen wir also mal auf den Chart, um einen ersten Anhaltspunkt zu bekommen, ob NESTLÉ ein Kauf sein könnte.

 

 

Das sieht nicht wirklich überzeugend aus. 2,7 Prozent Plus in einem Jahr. Nur zum Vergleich: Der MSCI World hat in dieser Zeit um 11,3 Prozent zugelegt (auf Eurobasis, gemessen am Comstage  MSCI World UCITS ETF). Andererseits zieht der Kurs von NESTLÉ anscheinend gerade wieder ein wenig an. Es könnte also einen Turnaround im Kurs geben – ich glaube das allerdings erst, wenn ich es sehe.

Auf Jahressicht ähnelt der Chart von NESTLÉ ganz sehr dem von PROCTER & GAMBLE. Der ganze Sektor bewegt sich derzeit ziemlich  im Gleichklang. Hier kommt der Chart von PROCTER:

 

 

Ob PROCTER oder NESTÉ oder GENERAL MILLS – bei all diesen Aktien hoffen Anleger nun schon seit Jahren, dass Umsätze und Gewinn wieder nach oben drehen. Sie tun es nicht. Zumindest bislang nicht.

 

 

Und wie sieht das bei Lindt aus?

Schon der Jahreschart von LINDT (oben) zeigt in meinen Augen, welche der beiden Aktien derzeit die bessere ist. LINDT ist in einem klaren Aufwärtstrend. Der Punkt geht an LINDT. Es steht 1:0.

 

 

Die letzten fünf Jahre

 

Eine Aktie sollte langfristig Freude machen. Ich lege mein Geld nach Möglichkeit nicht in Aktien an, die mir nur ein Jahr lang Freude machen. Schauen wir also mal, wie die beiden Aktien sich in den letzten fünf Jahren geschlagen haben. Auch über diesen Zeitraum ist die Frage „LINDT oder NESTLE“ ganz einfach zu entscheiden. LINDT hat sich um knapp 100 Prozent im Kurs verbessert (Chart oben). NESTLE ist von solchen Ergebnissen sehr weit entfernt. Aber schau selber. Hier kommt der Chart von NESTLÉ:

 

 

Die Aktie von NESTLÉ hat ein Kursplus von 38,7 Prozent. Der Punkt geht wiederum an LINDT. Es steht 2:0. Für LINDT.

Schon dieser einfach Chartvergleich deutet darauf hin, dass LINDT die bessere Aktie ist. Aber das alleine reicht für eine Beurteilung eines Unternehmens natürlich nicht her und nicht hin. Vielleicht überschätzen die Anleger das Unternehmen und die Aktie von LINDT ja derzeit maßlos. Und vielleicht unterschätzen sie die großen Qualitäten von NESTLÉ.

Also geht mein dritter Blick bei zwei Unternehmen wie LINDT und NESTLÉ auf die Bilanzzahlen. Unternehmen steigen in der Regel im Kurs, weil ihre Umsätze und Gewinne wachsen.

 

Das Umsatzwachstum der beiden Unternehmen

 

Wächst NESTLÉ? Gute Frage. Das genau fragen sich die Anleger wohl auch. Sie erwarten mehr Umsatz – und bekommen ihn nicht. Ein Blick auf die Umsätze von 2012 bis 2017 zeigt, dass NESTLE beim Umsatz in dieser Zeit sogar verloren hat. Er gingen von 92 Mrd. CHF auf 89 Mrd. CHF zurück. Inflationsbereinigt sieht das alles noch viel ungünstiger für den Schweizer Nahrungsmittelkonzern aus. Alleine um seine Umsätze inflationsbereinigt auf der gleichen Höhe zu halten hätte NESTLÉ auf 101 Mrd. CHF zulegen müssen.

Sinkende oder stagnierende Umsätze sind der Kern dessen, was ich die Konglomerate-Krankheit nenne. Dieses Phänomen findet sich derzeit bei Unternehmen wie GENERAL MILLS, PROCTER & GAMBLE, COLGATE PALMOLIVE, UNILEVER und COCA COLA. Schon die lange Aufzählung macht stutzig. Wie kann es sein, dass so viele Konglomerate die allesamt Markenartikel vertreiben zur gleichen Zeit Probleme mit dem Wachstum haben?

Noch wissen wir nicht, wann die Konglomerate, die eine hohe Zahl an bekannten und in der Vergangenheit starken Marken unter einem Dach vereinen, wieder wachsen werden. Wir wissen nicht einmal, ob es ihnen je wieder gelingen wird.

Ganz anders als bei NESTLÉ sieht es bei LINDT aus. Die Umsätze sind in den letzten sechs Jahren sehr deutlich gestiegen, von 2,6 Mrd. CHF auf 4 Mrd. CHF. Auch dieser Punkt geht also an LINDT. Es steht schon 3:0. Dabei haben wir noch nicht einmal auf die Gewinne geschaut.

Das ist bei guten Unternehmen die ein Premium für ihre Produkte erzielen können in der Regel auch gar nicht so wichtig. Steigen die Umsätze, dann steigen bei diesen Unternehmen so gut wie immer auch die Gewinne. Schauen wir uns die trotzdem an.

 

Die Gewinne von Nestlé und Lindt

 

Umsätze sind gut – Gewinne sind besser, zumindest bei einem so arrivierten Unternehmen wie LINDT. Der Gewinn je Aktie ist bei NESTLÉ seit 2012 um 30 Prozent gesunken. Von 3,33 CHF auf 2,30 CHF pro Aktie.

 

 

Erinnerst du dich an den Chart von NESTLÉ für die letzten fünf Jahre? Da ging es ein ganzes Stück nach oben – um mehr als 30 Prozent. Und das bei einem Unternehmen, das in dieser Zeit stets an Gewinn verloren hat! Erstaunlich.

Wer sein Geld in den vergangenen Jahren in NESTLÉ anlegt hat, der bekam also von Jahr zu Jahr weniger Gewinn für seine Aktie (Grafik oben).

Kommen wir zu LINDT. Da ist die Lage völlig anders.

 

 

Wie in der Grafik unten gut zu sehen, ist der Gewinn bei LINDT in diesen sechs Jahren um 50 Prozent gestiegen. Das hat Folgen für meine Rechnung. Es gibt noch einen Punkt für LINDT. Nun steht es schon 4:0.

 

Valuation – das Kurs-Gewinn-Verhältnis

 

Kein Vergleich zwischen zwei Unternehmen ist komplett, wenn nicht auch die Bewertung des Kurses mit herangezogen wird. NESTLE hat kaum Wachstum vorzuweisen. So ein Unternehmen sollte zu einem KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) zu bekommen sein, dass im Bereich von 17 liegt. Im Marktdurchschnitt also. Oder sogar darunter.

Wer sein Geld in den vergangenen Jahren in NESTLÉ anlegt hat, der bekam von Jahr zu Jahr weniger Gewinn für seine Aktie. Das lässt nur einen Schluss zu – die Bewertung der Aktie, gemessen am KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von NESTLÉ muss in dieser Zeit stark gestiegen sein. Und genau das schauen wir uns jetzt mal an.

Das KGV von NESTLE liegt derzeit (trailing twelve month) bei 35 (Quelle: Yahoo.Finance). Das ist erstaunlich hoch – notiert NESTLE üblicherweise doch eher im Bereich von 24.

LINDT steht in Bezug auf das KGV bei 43. Das ist höher als das von NESTLE, keine Frage. Allerdings ändert sich das, wenn wir auf das Forward-PE schauen. Das sind die für die nächsten 12 Monate erwarteten Gewinn des Unternehmens. Das liegt bei LINDT (angesichts von steigenden Gewinnen) derzeit bei 37.

Für beide Unternehmen wird von den Anlegern derzeit also ungefähr gleich viel für die Gewinne der nächsten 12 Monate bezahlt. Erstaunlich. Beide Unternehmen haben das, was man auch eine Premium-Bewertung nennt. Sie sind Anlegerinnen und Anlegern also in der Regel mehr wert als der Durchschnitt. LINDT notiert zumeist im Bereich von 35-45. Die hohe Bewertung ist also für das Unternehmen nicht ungewöhnlich. Anleger sehen Firmen wie NESTLÉ und LINDT also als besonders sicher an. Für LINDT kann ich das auf der Basis der Zahlen der letzten Jahre verstehen. Bei NESTLÉ allerdings nicht.

Auch dieser Punkt geht an LINDT. Es steht 5:0.

 

Die Dividendensteigerung

 

Dividenden sind gut – steigende Dividenden sind besser. Das ist meine Devise bei den Dividendenzahlungen von Unternehmen. Zahlt ein Unternehmen eine hohe Dividende (von 5 Prozent) erhöht diese aber nie, dann wird der Kurs der Aktie das reflektieren. Er wird kaum steigen. Wozu sollte er auch!

Erhöht ein Unternehmen seine Dividende aber regelmäßig, dann steigt in der Regel auch der Kurs. Ab und an gibt es Ausnahmen von dieser Regel.

Schauen wir, wie sich NESLTE im Punkt Dividende schlägt. Das Unternehmen hat seine Dividende in den letzten sechs Jahren von 2,05 bis auf 2,35 CHF angehoben. Das ist ein Plus von 14,6 Prozent. Damit liegt NESTLE im Durchschnitt der letzten Jahre bei einer Dividendensteigerung von 2,3 Prozent. Das ist wenig.

Ganz anders ist die Lage bei LINDT. Hier kommt ein Blick auf die Dividendenhistorie.

 

 

 

LINDT hat seine Dividende seit 2012 von 57,50 CHF auf 93 CHF angehoben – ein Plus von 62 Prozent. Auch in dem Fall können wir das mal auf einen Durchschnitt für die gesamte Zeit runterrechnen. Es gab bei LINDT im Durchschnitt 8,3 Prozent mehr Dividende pro Jahr.

Diese Zahlen gelten für den Partizipationsschein von LINDT, auch die „Kleine LINDT“ genannt. Im Chart oben hingegen siehst du die Dividende für die „Große LINDT“. Die ist allerdings so teuer, dass ich sie mir nicht leisten kann. Die „Große LINDT“ ist zusammen mit BERKSHIRE eine der teuersten Aktien der Welt. Im Moment notiert sie bei rund 70.000 Euro. So erklärt sich die hohe Dividendensumme für die „Große LINDT“ von fast 1.000 CHF in der Grafik.

Auch bei der Dividendenentwicklung geht LINDT als erstes durchs Ziel. Auch dieser Punkt geht also an den Schokoladenhersteller aus der Schweiz. Es steht jetzt 6:0.

 

 

Lindt ist ein Global Champion – Nestlé ist es nicht

 

Sechs zu Null. Das ist ein eindeutiges Ergebnis. Es ist noch eindeutiger ausgefallen, als ich selber es erwartet habe.

Natürlich kann sich das alles in Zukunft ändern. NESTLE kann in den nächsten Jahren Umsatz und Gewinn deutlich steigern. Und LINDT kann zurückfallen. Das alles kannin der Tat passieren. Die Frage ist (im Licht der Vergangenheit), wie wahrscheinliches ist.

Ich halte es für sehr unwahrscheinlichdass das passiert. Das ist der Grund, warum ich mich im Bereich Nahrungsmittel für LINDT als „Global Champion“ entschieden habe. Die Aktie von LINDT ist derzeit eine eher kleine Position. Sie macht nur 3,9 Prozent aus. Ich denke darüber nach, sie aufzustocken. Wenn du wissen willst

LINDT ist ein Global Champion. NESTLÉ ist es in seiner derzeitigen Verfassung nicht.

 

 

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8 Kommentare

  1. Frank

    Eine sehr interessante Empfehlung! Doch wie kaufe ich eine Aktie die 70.000 € kostet? Selbst der Partizipationsschein kostet ca. 5.700 €!
    Da werde ich wohl auf einen Aktiensplit warten müssen.

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ja, das ist nicht so einfach. Ich selber habe den Partizipationsschein, die „kleine LINDT“ im wikifolio, leider auch nur einen davon, denn auf zwei wollte ich angesichts des Preises nicht aufstocken.

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  2. Marco Dargel

    oder um es Dir anders zu sagen: Nestle könnte jederzeit Lindt schlucken

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  3. Marco Dargel

    Grundsätzlich ist Dein Artikel gut. Aber ich möchte Dir empfehlen, Unilever nochmal genauer anzusehen. Ein Punkt, den Du übersiehst: Alle Konzerne haben genug Cash, um was zu machen. Das kann überraschen. Nur um es mal so zusagen. Mit Hilfe von Banken könnte Nestle den größten deutschen Konzern schlucken. Den Kredit würden sie bekommen. Das bedeutet nicht, dass sie es tun werden. Aber Du ignorierst ihre Finanzpower. Ist Dir klar, dass Nestle jederzeit Siemens schlucken könnte? Ich denke nicht, dass sie das machen werden. Es wäre dumm. Aber ich denke, dass Du diesen Punkt übersiehst. Es übersehen viele zur Zeit. Von den Werten, die Du hier angesprochen hast, habe ich Unilever. Sie zahlt jedes Jahr eine gute Dividende und der Kursgewinn laut Wallstreet-online liegt für drei Jahre bei über 30 Prozent. Und ich bleibe bei denen, weil ich weiß, was für Reserven sie haben. Also richtig ist, die Gewinne stagnieren. Aber sie haben Reserven.

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  4. Felix

    Unter Global Champion würde ich verstehen, dass ein Konzern Geschäfte und Produktionsstätten weltweit hat, Das Paradebeispiel eines Global Champion ist CocaCola, das auch noch im letzten Winkel der Welt erhältlich ist.
    In diesem Sinne ist natürlich auch Nestle, der größte Lebensmittel Konzern der Welt, ein Global Champion, wenngleich momentan mit Wachstumsproblemen, wie dargestellt.

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Global ist NESTLÉ – aber kein Champion. COCA COLA ebenfalls.
      Wenn mir ein ETF auf den S&P 500 (oder den MDAX) in den letzten zehn Jahren mehr als den doppelten Ertrag bringt als ein Investment in NESTLÉ (Dividenden mitgerechnet), dann weiß ich, wo mein Geld nicht liegt. In NESTLÉ.
      Das ist keine kurze Wachstumsschwäche bei dem Konzern. Von den Unsicherheiten wegen der umstrittenen Nutzung von Wasserrechten durch NESTLÉ jetzt noch mal gar nicht geredet. NESTLÉ ist ja nicht nur ein schlechtes, sondern auch ein sehr unsicheres Investment.

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      1. Felix

        Natürlich hat jedes Unternehmen auch Probleme, zumal wenn es groß ist. Lindt könnte im Rahmen der sich anbahnenden Anti-Zucker-Welle (Süßigkeiten sind das neue Rauchen, oder so) auch schnell zu einem unsicheren Investment werden. Und Lindt steht in dieser Hinsicht nur auf einem Bein, Schokolade eben.
        Die genannten Konzerne suchen aber auch nach Auswegen. So interessiert sich CocaCola für Cannabis.

        Ich will nicht rechthaberisch sein, aber m.E. bezieht der Begriff Global Champion nicht auf den Aktienkurs, sondern auf die Merkmale, die ich oben genannt habe.

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        1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

          Könnte, könnte ist wie „hätte, hätte – Fahrradkette“. Schauen wir doch mal, was passiert. Champions sind in meinen Augen und für mein Depot nur Champions, wenn sie den Markt schlagen. LINDT tut das, NESTLÉ tut das nicht.

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