Wann sehen wir die 5.000 Punkte im S&P 500?

Wann sehen wir die 5.000 Punkte im S&P 500? Das ist in meinen Augen keine Frage von fair value und den Gewinnen, die die Unternehmen im S&P 500 erzielen. Wir werden sie uns gleich mal in einer Tabelle anschauen.

 

Wäre es nach den Gewinnen der Unternehmen gegangen und nach dem fair value, dann hätten wir Ende 2021 nur bei 4.000 Punkten stehen dürfen. Du siehst das in der Zeile für das Jahr 2021 in der Tabelle unten.

Äußerstenfalls hätten es 4.400 Punkten sein dürfen, denn zum Jahresende 2021 darf der Markt (der immer nach vorne schaut) durchaus auf der Basis der Gewinne von 2022 bewertet werden.  

Stattdessen standen wir Ende 2021 aber bei 4.800 Punkten. Viel zu hoch.

Ist der Markt optimistisch, dann neigt er nicht dazu, sich an das von Zachs Investment angenommene PE (deutsch: KGV) von 18 zu halten. Er steigt vielmehr über 20 (forward).

Das gleiche gilt natürlich auch in die andere Richtung. Fällt der Markt in einen heftigen Pessimismus (den wir in dieser Korrektur noch nicht erlebt haben), dann müsste das PE auf 12-14 zurückgehen. Das wären 2.900-3.400 Punkte. Ein PE von um die 12, so pessimistisch war der Markt übrigens zuletzt 2011 und seither nicht mehr. 

Das ist auch der Grund, warum die Pessimisten in dieser Korrektur so tiefe Kurse erwartet haben. Das ist (bislang) nicht passiert. Stattdessen haben wir nur eine Normalisierung der Kurse erlebt. Das PE des S&P 500 ist von sehr optimistischen 21 (forward) auf nur noch 16,5-17 zurückgegangen (je nach Quelle; das Wall Street Journal hat die 16,5).

Mein Fazit – die Börse ist Psychologie

 

Auf die Frage wann der S&P 500 bei 5.000 Punkte stehen wird gibt es also eine ganze Reihe unterschiedlicher Antworten.

 

# Gemessen an den Gewinnen (so es denn zu den erwarteten Gewinnen kommt) und wenn wir glauben, dass der Markt rückwärts schaut, sollte es erst Ende 2024 soweit sein.

 

# Glauben wir, dass der Markt vorwärts schaut, dann kann der Index schon Ende 2023 bei 5.000 Punkten stehen.

 

# Kehrt der Optimismus zurück (wovon ich ausgehe) und steigt das PE des S&P 500 wieder auf über 20, dann sind 5.000 Punkte bis Ende 2022 zu erreichen.

 

Die Frage nach dem Erreichen dieser (psychologisch wichtigen) Marke ist also nicht zu beantworten, wenn wir den fair value anschauen (und damit die Tabelle von Zacks Investment). Sie ergibt sich vielmehr aus der Börsenpsychologie.

Langfristig sind es die Gewinne der Unternehmen die die Kurse antreiben – keine Frage. Kurz- wie mittelfristig aber ist es die Stimmung der Anlegerinnen und Anleger. Dabei rede ich nicht von deiner Stimmung oder von meiner Stimmung. Wir machen die Kurse nicht. Ich rede von der Stimmung der großen Spieler an der Wall Street. Sie machen die Kurse.

 

Der Einfluss dieser Stimmung auf das Kursniveau ist sehr groß. Ein PE von 21 ergibt gegenüber einem PE von 14 ein um 50 Prozent erhöhtes Kursniveau. Ein PE von derzeit 16,5 gibt dem Index ein Kurspotential von 27% nur alleine aufgrund der Stimmungsänderung und der damit einhergehenden Expansion des PE auf (möglicherweise wieder) 21.

Nur zum Vergleich: Die Gewinne der im S&P 500 vertretenen Unternehmen selber sollen in den nächsten Monaten nur um vergleichsweise überschaubare 9% steigen. Du siehst: Der Einfluss der Stimmung und damit der Börsenpsychologie auf die Kurse ist für die nächsten 12 Monate rund drei Mal so groß wie der Einfluss der fundamentalen Fakten.

Ich selber vermute, dass der Markt im besten Fall (er kehrt in die optimistischen Stimmung zurück) im Frühjahr 2023 die 5.000 erreichen wird. Das ist mein best guess. Es gibt (zugegeben) viele Dinge, die zu einem ganz anderen Ergebnis führen können.

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11 Kommentare

  1. Roger Radke

    Hallo Christian,

    hast Du für Deine US Aktien ein USD Konto oder handelst Du auf EUR Basis? onvista verrechnet 0.5% für die Fx Konversion wenn ich an der NYSE oder Nasdaq handeln möchte. Also, wie machst Du das?
    Danke, Roger

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ich bin bei Maxblue von der Deutschen Bank und kaufe dort in der Regel sehr günstig über Direct Trade. Ab und an hatte ich auch mal eine Order, die in New York ausgeführt werden musste, weil es die Aktie nur dort gab (PINTEREST als ich sie zum ersten mal gekauft habe). Das kommt teuer.
      Aber wozu ich an der NYSE oder der Nasdaq handeln sollte (als Langfristanleger!), das leuchtet mir nicht ein. Üblicherweise kaufe und verkaufe ich so wenig, dass die Gebühren die ich bezahle ohnehin nicht ins Gewicht fallen.
      Schöne Grüße aus Berlin
      Christian

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  2. Christian

    Der letzte Bulle kommt aus Pankow ( frei nach dem alten Schlager : Der letze Cowboy kommt aus Gütersloh)
    Aber schön mal wieder einen echten Bullen zu hören nach all den Kassandrarufen in den letzen Wochen .

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Aber nein. Alle Langfristanlegerinnen und Anleger die ich kenne sind bullish. Das gilt sowohl hier in Deutschland, als auch in den USA.
      Im Moment wechseln ja sogar die eher kurzfristig orientierten Marktteilnehmer ihre Position und sind wieder verstärkt long.

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  3. Martin

    Diese Prognose werde ich mir mal auf Wiedervorlage legen, da ich geringfügig anderer Ansicht bin. Mal sehen, welcher Ansatz erfolgreicher ist.

    Zur Erbauung hier mal ein Artikel: https://themarket.ch/interview/bei-diesem-baerenmarkt-haben-wir-es-mit-einem-ganz-anderen-biest-zu-tun-ld.7039 (einen darf man normalerweise kostenfrei lesen)
    Martin

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ich wundere mich auch immer wieder, wie schlecht manche Profis sind – viele wechseln allerdings auch sehr schnell ihre Meinung, frei nach John Maynard Keynes: „Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung.“ Geht auch nicht anders, bei den Summen die sie bewegen.
      Europäer sind derzeit allerdings ohnehin deutlich pessimistischer als Amerikaner. Was nicht verwundert. Bei uns kann es wirtschaftlich ziemlich rauh werden im Herbst und im Winter. an den Spotmärkten bei uns kostet Flüssiggas derzeit rund 10 Mal so viel wie in den USA.
      Duffy, der Experte in der Story, ist eine ganz eigene Geschichte. Er ist im Grund immer Pessimist (das Internet ist voll von Crash-Erwartungen bzw. von Absturz-Erwartungen von Duffy). Das ist auch kein Wunder, denn Duffy ist Short-Seller.
      Ich bin (bekanntlich) long. Und ich fahre damit seit ziemlich vielen Jahren ziemlich gut.

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      1. Martin

        Viel Erfolg!

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  4. Michael

    Moin Christian, und bei wieviel Pkt. siehst du die Nasdaq, wenn der S&P 500 bei 5.000 Pkt. steht?

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ich habe zur Nasdaq keine Prognose, würde aber davon ausgehen, dass auch dort im ersten Halbjahr 2023 das alte Hoch wieder erreicht wird.

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  5. Thomas

    Christian, „Die Gewinne der im S&P 500 vertretenen Unternehmen selber sollen in den nächsten Monaten nur um vergleichsweise überschaubare 9% steigen“. Das ist eine sehr optimistische Prognose. Wer immer sie geschrieben hat ,muss Zahlen und gegenwärtige, bereits in 2022 bestätigte Zahlen, herangezogen haben. Für mich ist das sehr optimistisch, aber ich lasse mich gerne positiv überraschen.

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Das ist keine sonderlich optimistische Prognose. Ganz normaler Analystenkonsenz. Ich beziehe mich in dem Fall auf Zacks Investment. Auch die Gewinnzahlen für Q2 waren ja gut – das hat aber angesichts des allgegenwärtigen Pessimismus niemanden interessiert.
      Ein Wachstum der Gewinne von 9 Prozent bei einer Inflation von 9 Prozent ist zudem nicht wirklich überwältigend. Kommt auf ein Nullsummenspiel hinaus. Zudem muss man im Hinterkopf behalten, dass ein sehr großer Teil der Inflation in die Taschen der Unternehmen wandert. Viele verdienen besser denn je.
      Die Amerikaner werden mit dem steigenden Dollar allerdings auch zu kämpfen haben – gut möglich, dass das deren Umsätze und Gewinne in den nächsten Monaten noch beeinträchtigt. In dem Punkt kann ich deine Vorsicht verstehen.
      Ansonsten erlebe ich ständig, dass wir hier unsere Situation auf die der Amerikaner übertragen, was nicht funktioniert. Wir haben zehn mal so hohe Erdgaspreise (Spotmarkt) wie die. Und eine Energiekrise ist aus Sicht der USA (derzeit) unvorstellbar. Die Lage bei uns ist völlig anders, der Kollaps zahlreicher deutsche Aktien in den letzen Wochen zeigt es.

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