Apple ist in den letzten Jahren zu einem iPhone-Konzern geworden. Aus einem elektronischen Gerät, dass das Unternehmen zusätzlich zu anderen Produktlinien im Jahr 2007 herausbrachte (iPod, Mac-Computer) ist das Herzstück der ganzen Firma geworden. 63 Prozent seiner Umsätze macht Apple jetzt mit dem iPhone, das im Kern eine Art Supercomputer ist – in Kleinstform.
Das iPhone leistet ebenso viel wie die leistungsfähigsten Groß-Computer 20 Jahre zuvor. Es ist das Ergebnis der fortschreitenden Miniaturisierung aller für einen Computer genötigten Bauteile.
Dabei vereint es in sich die Funktionen eines GPS-Gerätes (hast du so etwas?), eines MP3-Spielers (kaufst du dir einen MP3-Spieler?), eines Fotoapparats (hast du so etwas noch?), eines mobilen Internetzugangs und eines klassischen Handys mit dem man telefonieren kann und SMS schreibt.
Von diesem genialen wie ausgefeilten Konsumgut hängt im Moment Apples Zukunft und die Zukunft seiner Gewinne ab. Und damit die Entwicklung der Aktie.
China – plus 107 Prozent
Wie sieht es also um das Wachstum der Verkaufszahlen des iPhone aus? Und wie seine Verkaufszahlen in der Zukunft?
Fangen wir mit den aktuellen Zahlen an, die der Konzern Ende Juli vorstellte. Beginnen wir mit der wichtigsten Zahl: Plus 112 Prozent mehr iPhones als im Vorjahresquartal erreichte Apple in China, seinem inzwischen zweitgrößten Markt. Damit hat sich Apples Wachstum in China noch einmal erhöht. Im letzten Quartal lag der Wert bei 71 Prozent.
So konnte Apple einmal mehr ein wahres Monsterquartal abliefern. Die Umsätze des Unternehmens stiegen um 33 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Gewinne pro Aktie legten gar um 45 Prozent zu (Quelle: Fool.com).
Trotzdem waren die Analysten enttäuscht. Sie hatten statt der 47,5 Millionen verkauften iPhones mit 49 Millionen gerechnet. Die Apple-Aktie sank daraufhin um bis zu 7 Prozent und steht auch jetzt noch immer unter Druck – trotz der unglaublichen Gewinne des Unternehmens und einem geradezu grotesk niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnisses von gerade einmal 13 (2016).
Warum Apple bei Umsatz und Gewinn so stark zulegt
Wer den enormen Umsatz- und Gewinnsprung von Apple in den letzten neun Monaten verstehen will, der muss sich mit den Zahlen aus China auseinandersetzen. Sie besagen: Es sind nicht neue, geniale Produkte, die das Wachstum von Apple ausmachen – sondern die Durchsetzung des iPhones als das begehrteste Smartphone der Welt in möglichst vielen aufstrebenden Ökonomien.
Was für Apple im Moment zählt, das ist also nicht, ob Rike Mustermann aus Oberhausen dringend ein neues iPhone 6 (oder iPhone 6 Plus) möchte, um ihr altes iPhone oder ihr Android-Smartphone zu ersetzen. Es zählt auch nicht ob Erik Mustermann gerade ein dringendes Bedürfnis hat, zusätzlich zu seinem iPhone auch eine Apple Watch zu kaufen.
Im Moment zählt vielmehr, ob Shih-Chin Yang aus Shanghai sich die Augen an der Scheibe des Apple Stores plattdrückt (oder es im Internet bewundert) und seine Möglichkeiten durchrechnet, sich so ein angesagtes Produkt wie es das iPhone ist, zu kaufen. In Gold natürlich, der Lieblingsfarbe der Chinesen.
Aufstrebendes Indien
Daraus folgt für Apple: Das Unternehmen muss andere internationale Wachstumsmärkte ins Visier nehmen – und dort dasselbe schaffen wie in China. Das betrifft zuallererst Indien, das sich in den nächsten Jahren zum zweitgrößten Smartphone-Markt der Welt entwickeln wird.
Apple hat dazu schon einiges unternommen – aber natürlich sind die Zahlen in Indien zurzeit noch niedrig. Apples Marktanteil bei Smartphones liegt hier bei 2 Prozent. Apples Zukunft in Indien ist verknüpft mit dem Wachstum der indischen Mittelschicht. Verläuft dieses Wachstum so rasant wie prognostiziert, dann wächst Apples Geschäft in Indien in den nächsten zehn Jahren ähnlich dramatisch, wie es derzeit in China wächst.
Apple hat gerade eine Initiative gestartet, um mit einer erhöhten Präsenz in Indien (mehr Konsumenten anzusprechen) und den eigenen Marktanteil in dem aufstrebenden Land zu erhöhen. Außerdem versucht der Konzern Android-Besitzern mit Kaufangeboten für ihr Handy den Wechsel zum iPhone schmackhaft zu machen.
iPhone-Fieber in Vietnam
Nicht nur in China ist Apple mittlerweile so angesagt, dass man sich um die zukünftigen Gewinne des Unternehmens keine Sorgen zu machen braucht. Auch in kleineren Ländern wie Vietnam ist das iPhone schon eine absolute Ikone. Wer es hat, der ist wer.
Die Zukunft von Apple hängt aber noch von einem zweiten Element ab – von den Preisen, die es mit dem iPhone erzielen kann. Die Zukunft der Aktie hängt also davon ab, ob es Apple gelingt, seine Hochpreisstrategie auch in China, in Indien und in anderen Ländern durchzusetzen, die gerade einen starken Wachstumskurs durchlaufen. Und genau danach sieht es aus. Während Samsungs durchschnittlicher Verkaufspreis für seine Smartphones unablässig sinkt, konnte Apple den Preis sogar nach oben treiben, von rund 600 Dollar pro Stück auf 660 Dollar.
Die dritte Gefahr
Die dritte Gefahr, der Apple unablässig gegenüber steht, ist das Auftauchen einer gefährlichen Konkurrenz für das iPhone – einem iPhone-Killer also. Das iPhone ist selber ja als ein Killer angetreten und hat diese Rolle perfekt gespielt. Es hat die bis dahin gekauften Hochpreismodelle von Nokia und Blackberry vernichtend geschlagen. Und hat so die damit erzielten Gewinne innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren komplett pulverisiert.
Stellt sich die Frage: Kann so etwas wieder passieren?
Oder genauer: Kann so etwas auch mit dem iPhone passieren?
Die Antwort lautet selbstverständlich: Ja. So etwas kann jederzeit passieren – wenn sich Apple auf seinen Erfolgen ausruht. So etwas kann außerdem passieren – wenn der Konzern es zulässt, dass ein anderes Unternehmen ein Produkt auf den Markt bringt, dass seinerseits das iPhone obsolet macht.
Bislang hat es kein Unternehmen geschafft, ein Smartphone vorzustellen, dass es im Punkt Funktionalität und Beliebtheit mit dem iPhone aufnehmen kann. Das hat auch damit zu tun, dass das Ökosystem von Apple perfekt funktioniert. Wer seine Apps, sein Musik bei Apple liegen hat, der ist nicht geneigt, auf einen anderen Anbieter zu wechseln.
Außer Samsung fahren alle Smartphone-Hersteller, die ihre Zahlen veröffentlichen, Verluste ein. Gegen Apple anzutreten, das ist für alle anderen ein teures Vergnügen – auch für Microsoft, das gerade 7,8 Milliarden Dollar auf sein Smartphone-Segment als Verluste abschreiben musste.
Zurzeit macht Samsung noch 14 Prozent der Gewinne des gesamten Smartphone-Bereichs. Apple kommt auf 93 Prozent (Zahlen über hundert Prozent entstehen, wenn viele Unternehmern Verluste schreiben).
Der Herausforderer des iPhone ist da
Und doch ist es möglich, das iPhone zu entthronen – und dieser Prozess ist bereits im Gange. Dieser Herausforderer wird das iPhone möglicherweise genauso ersetzen, wie das iPhone den iPod verdrängt hat. Zum Glück für Apple kommt dieser iPhone-Killer, dieses neue, revolutionäre Produkt nicht von einem anderen Unternehmen. Es kommt vielmehr aus dem eigenen Haus.
Apple selber hat mit der Vorstellung des iPhones den legendären und wirtschaftlich sehr erfolgreichen iPod zu einem langsamen Dahinsiechen verurteilt – und hat dafür gerne die Gewinne eingestrichen, die das iPhone einbringt. Und nun haben sie genau das wieder getan – mit der Apple Watch.
Die Apple Watch wird eines Tages das iPhone in weiten Bereichen ersetzen können. Wozu soll ich den ganzen Tag ein Smartphone mit mir herumtragen, wenn eine Apple Watch fast alle Funktionen eines iPhones übernehmen kann?
Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Noch kann die Apple Watch nicht einmal unabhängig von dem iPhone agieren. Das wird sich allerdings schon im kommenden Jahr ändern. Dann werden zudem auch tausende von Apps geschrieben sein, die für den Besitzer einer Apple Watch allerlei möglich machen werden.
Er wird seinen BMW mit der Watch öffnen und starten. Er wird mit der Watch im Supermarkt bezahlen. Er wird im Hotel mit seiner Watch automatisch einchecken und die Uhr ist dank ihres NFC-Chips (near field communication) auch in der Lage, ihm die Zimmertür zu öffnen. Ohne Schlüssel. Ohne Karte. Einfach so. Sesam öffne dich.
Heute halten wir Funktionen an einem Smartphone für normal, die noch vor zehn Jahren in den Bereich der Science-Fiction gehörten. So ähnlich wird es auch mit der Apple Watch kommen. In zehn Jahren werden viele Menschen kaum mehr verstehen, wie sie es je ohne eine Watch (von Apple, von Samsung, von Xiaomi und anderen Herstellern) und ihre zahlreichen helfenden Funktionen geschafft haben, ihr Leben zu bestreiten.
In der Straßenbahn mit der Watch
Ich war diese Tage in den Niederlanden. Sehr viele Automaten und auch der Nahverkehr in Amsterdam funktionieren dort mit NFC-Karten. Das ist kein Wunder, ist doch der führende Hersteller von NFC-Chips in der Welt ein niederländisches Unternehmen (NXP Semiconductor). Wer sieht, wie alle diese Menschen in dem Gewühl einer Straßenbahn nach ihrer NFC-Karte suchen, dann die Einkauftaschen über den Ellenbogen schieben, um anschließend mit der nun freien Hand diese Karte an die Kontaktplatte am Ausstieg der Straßenbahn zu halten – wer das gesehen hat, der kann sich gut vorstellen, wie wir alle in einigen Jahren oder Jahrzehnten nur noch eine Uhr schnell und bequem in Richtung Kontakt bewegen. Fertig.
Auch das Bezahlen an der Kasse im Supermarkt wird so möglich sein. Der Discounter Aldi rüstet seine Kassen gerade auf NFC um.
Fazit
Meine These: Die Watch kann eines Tages das am meisten verkaufte Produkt im Bereich der consumer electronics sein. Sie wird das Smartphone für viele Menschen obsolet machen. Nicht für alle. Dazu ist das Display zu klein.
Apple wird bei dieser Entwicklung nicht traurig werden. Dann verdienen sie ihr Geld eben mit der Watch. Den Grundstein dafür hat Apple mit dem Verkaufsstart der Apple Watch gelegt.
Die Aktie von Apple ist nach wie vor ein klarer Kauf. Sie hat nach den Quartalszahlen einen Rutsch hin zur gleitenden 200-Tage-Linie vollzogen. Auf dem Niveau ist die Aktie möglicherweise so schnell nicht wieder zu bekommen.
Der Autor besitzt Aktien von Apple.
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Bin auf deinen Blog gestoßen. Finde diesen Beitrag Klasse. Denke das du absolut richtig liegst mit deiner Einschätzung was Indien angeht.
Gruß