Warum der S&P 500 auf 3.800 steigt oder auf 1.800 fällt aber bei 2.800 Punkten gar nichts zu suchen hat

Sehr oft notieren einzelne Aktien oder ganze Indizes zu völlig falschen Kursen. Derzeit lässt sich das am S&P 500 gut beobachten. Geht alles gut aus für die US-Wirtschaft, dann müsste der S&P 500 (angesichts der historisch niedrigen Zinsen) jetzt mindestens bei 3.500 Punkte notieren. 700 Punkte über dem derzeitigen Niveau.

Oder gar bei 3.800. Um 1.000 Punkte höher.

Die Frage ist allerdings: Geht alles wirklich gut aus?

Who Knows!

 

Das Negativ-Szenario

 

Andererseits gilt: Fällt Amerika in eine länger dauernde Rezession, dann ist das derzeitige Kursniveau unhaltbar hoch. Es müsste um ungefähr 700 Punkte tiefer liegen. Bei 2.100. Oder gar um 1.000 Punkte tiefer. Bei 1.800.

Ja was denn nun? 1.800 Punkte oder 3.800 Punkte – welcher Indexstand ist denn nun der richtige? Derzeit kann keiner mit Sicherheit wissen, welche der beiden Möglichkeiten Realität wird. Wir können  vermuten (schlechte Idee). Wir können auch gute Gründe für die eine oder die andere Variante finden (deutlich besser). Das ist dann mehr als eine (blinde) Vermutung – es ist eine begründete Hypothese.

Die Fakten (niedrige Zinsen + Rettungspakete der Regierungen + Rettungspakete der Notenbanken + Konjunkturpakete der Regierungen) sprechen derzeit für das positive Szenario.

 

 

Was ist ein Kompromisskurs?

 

Was aber macht der S&P 500 in einer Situation, in der er entweder bei 3.800 notieren müsste oder bei 1.800? Richtig: Er notiert in der Mitte. Bei 2.800 Punkten.

2.800 Punkte entspricht keinem der beiden realistischen Möglichkeiten. Das derzeitige Kursniveau ist also im Grunde ein wenig absurd. Aber es ist eben der Kompromiss zwischen den beiden extrem auseinander liegenden beiden Varianten der Entwicklung. Der S&P 500 notiert derzeit zu einem sogenannten Kompromisskurs.

Erst wenn alle Marktteilnehmer überzeugt sind, welche Variante sich durchsetzt, wird sich der dazu passende Zielkurs durchsetzen. Ich gehe davon aus, dass das die 3.500-3.800 Punkte sind.

Ob es auch so kommt?

Who know!

Kommen wir zu der spannenden Frage, warum in aller Welt ein so hoher Punktestand wie 3.800 im S&P 500 am Ende eines so schlimmen Jahres wie 2020 möglich sein sollte. Das ist, ich gebe es zu, erklärungsbedürftig.

Oder anders ausgedrückt: Wie kann es grossmutters-sparstrumpf nur so optimistisch sein?

 

Warum sehe ich 3.800 Punkte im S&P 500 als realistisch an?

 

Die Frage lässt sich auch umformulieren: Was ist der faire Preis für Aktien, wenn die Marktzinsen (gemessen an den 10-jährigen amerikanischen Staatsanleihen) unter 1 Prozent notieren? Um das herauszufinden, müssen wir ein wenig rechnen. Üblicherweise geht die finanzwissenschaftliche Forschung davon aus, dass Aktien rund 3-3,5 Prozent mehr einbringen sollten, als Staatsanleihen.

Da ist das bekannte Equitiy Premium. Oder noch genauer: Das Equitiy Risk Premium. Wer in Aktien anlegt, der bekommt demnach für das Risiko das er damit eingeht einen höheren Return all derjenige, der dieses Risiko scheut und in sicheren Staatsanleihen anlegt. Die Höhe dieses Premiums ist mit 3-3,5 Prozent sehr hoch. Sie ist keine Naturkonstante, sondern ein empirisch ermittelter Wert. Sie könnte auch viel niedriger liegen. Bei einem Prozent zum Beispiel.

 

 

Die Rechnung

 

Notieren Staatsanleihen zu einem Prozent und rechnen wir 3,5 Prozent hinzu, müssten Aktien ihren Besitzern Gewinne von 4,5 Prozent einbringen. Das entspricht einem KGV von 22,2.

Puh, das ist aber hoch!

Ja, das ist wirklich hoch. Aber so ist nun mal die Realität am Aktienmarkt. KGVs sind nicht in Stein gemeißelt und existieren auch nicht im luftleeren Raum. Sie stehen vielmehr in Konkurrenz zu Staatsanleihen und der damit zu erzielenden sicheren Rendite. Wenn die sichere Rendite sinkt, dann haben die Aktienkurse mehr Luft nach oben.

Würde das Equitiy Risk Premium, wie von manchen Finanzmarktexperten vermutet, deutlich sinken, auf ein Prozent zum Beispiel, dann müssten Aktien nur noch 2 Prozent Gewinn bringen, um als attraktiv zu gelten. Das würde ein KGV von 50 für den S&P 500 bedeuten und zu einer Verdreifachung der Kurse führen.

Klingt tollkühn? Finde ich auch. Deshalb lassen wir diese Frage eines in der Zukunft möglicherweise sinkenden Equitiy Risk Premiums heute außen vor – und vertagen sie auf nächste Woche. Da gehen wir ihr dann mal ganz ausführlich nach.

 

Was bedeutet ein KGV von 22,2 für amerikanische Aktien?

 

Machen die Unternehmen aus dem S&P 500 im kommenden Jahr Gewinne von 171,17 Dollar, dann müsste der Index zum Jahresende bei 3.800 Punkten stehen.

Puh – das ist aber hoch!

Ja, sag ich doch. Das ist sogar sehr hoch. Dafür muss die amerikanische Wirtschaft – genauer: die im S&P 500 vertretenen Unternehmen – im Jahr 2021 nicht einmal das Gewinnniveau erreichen, von dem viele Analysten derzeit ausgehen: 180 Dollar (nach 160 Dollar in 2020). Ein leichter Anstieg der Gewinne (7%) von 2020 zum Jahr 2021 reicht schon aus.

 

 

Was heißt das nun für den S&P 500 am Jahresende?

 

Niemand kann mit Sicherheit sagen, wo der S&P 500 am Ende des Jahres stehen wird. Auch ich kann das natürlich nicht. Ich kann nur darauf hinweisen, dass der Index bis zum Jahresende keinesfalls kollabieren muss, wie es derzeit immer noch viele Crash-Propheten vorhersagen (und viele Pessimisten unter den Anlegern erwarten). Es kann auch das genaue Gegenteil passieren und diese Variante hat eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit. Ob es dazu kommt oder nicht hängt von den Ereignissen der folgenden Monate ab. Die Handlungen der wichtigsten Akteure machen die Kurse (Wirtschaft, Regierungen, Notenbanken), nicht die Ängste der Anleger.

 

Fünf Fragen, die über die weitere Entwicklung entscheiden

 

# Kann die amerikanische Wirtschaft schnell wieder Tritt fassen? Folgt dem schnellen Absturz der Wirtschaft den wir derzeit sehen also eine schnelle Erholung, dann sind weiter steigende Kurse sehr wahrscheinlich. Hält die Rezession dagegen über ein oder zwei Jahre an, dann sehen wir uns bei 2.100 Punkten wieder. Oder bei 1.800.

 

# Verabschieden das Repräsentantenhaus und der amerikanische Senat in den nächsten Wochen nach den zahlreichen Rettungspaketen auch noch ein Konjunkturprogramm im Umfang von rund 2 Bio. Dollar? Das würde die Aussichten auf eine starke Erholung der Wirtschaft in diesem Jahr deutlich erhöhen.

 

# Wird ein Demokrat Präsident oder ein Republikaner? Der Markt bevorzugt Republikaner. Wird Donald Trump im November wiedergewählt, dann kann das zu steigenden Kursen in diesem Jahr führen. Wird es ein Demokrat, dann ist nach der Erfahrung der vergangenen Wahlen mit fallenden Kursen in diesem Jahr und steigenden im nächsten zu rechnen.

 

# Bleiben die Zinsen niedrig? Ganz schwierige Frage. Derzeit notieren die Zinsen in den USA auf einem historischen Tief. Noch nie gab es für 10 Jahre laufende amerikanische Staatsanleihen Zinsen unter einem Prozent. Deshalb kann auch niemand einigermaßen verlässlich vorhersagen, ob sich das bald wieder ändert.

 

 

# Wie lange bleiben die Zinsen so niedrig? Das ist eine der wichtigsten Fragen überhaupt für den Markt. Derzeit bringen amerikanische Aktien mit einer Dividendenrendite von um die 2 Prozent drei Mal so viel ein, wie amerikanische Staatsanleihen. Ändert sich das schnell, steigend die Zinsen in den kommenden Monaten also wieder in Richtung 2 Prozent, dann ist der Spielraum für steigende Aktienkurse in den USA sehr begrenzt.

 

Mein Fazit

 

Die Zinsen (10 year treasury yield) sind in den vergangenen 18 Monaten von 3,2 Prozent auf nur noch 0,6 Prozent gefallen. Niemand weiß, wie lange sie dort stehen werden.

Geht der Markt davon aus, dass die Zinsen noch auf Jahre so niedrig bleiben und ist die Erholung in den USA Fakt (und nicht wie derzeit noch ein Plan), dann hat der S&P 500 Luft nach oben. Derzeit notiert er zu einem KGV von 15, bezogen auf die Gewinne der kommenden 12 Monate (forward). Das ist weder billig noch teuer, sondern genau der Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Bei dauerhaft niedrigen Zinsen ist ein KGV von 20-25 (forward) für den Index gerechtfertigt. Und damit ein Indexstand von 3.800 Punkten.

In der kommenden Woche geht es hier auf grossmutters-sparstrumpf um das Equity Risk Premium. Es geht um die Frage, warum es so hoch ist – und wie realistisch es ist, dass es in Zukunft deutlich sinkt, wie manche Finanzmarktwissenschaftler es erwarten.

 

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18 Kommentare

  1. Axel

    Herr Thiel,
    danke für die nüchterne Analyse. In den meisten Medien sind nur noch überzogene Berichte und fragwürdige Infos zu finden.

    Allen Kritikern hier möchte ich ans Herz legen auch mal andere Quellen als Herrn Drosten und die WHO in Betracht zu ziehen um eine eigene Meinung bilden zu können. Die Mehrzahl der Mediziner in Europa scheinen Herr Drostens Einschätzung! (es ist und bleibt eine Schätzung) nicht zu teilen.

    Meine Meinung: Das einzige auf das wir uns in den letzten Jahrzehnten verlassen konnten war die Wirtschaft. Und diese bekommt nun wegen überzogenen Maßnahmen ordentlich auf die Fr***e.
    Viele Grüße.

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Herr Drosten war der Überzeugung, dass rund 250.000 Menschen in Deutschland sterben könnten. Kollegen von ihm haben auf 40.000 geschätzt. Wissen tut es leider niemand.
      Ich merke aber gerne noch an, dass 95 Prozent der Befragten vor zwei Woche noch der Meinung war, die Maßnahmen der Regierung seine so genau richtig. In zwei Jahren behaupten möglicherweise 95 Prozent, sie hätten es für etwas überzogen gehalten. Nur eine Vermutung von mir.
      Schöne Grüße aus Berlin – und bleib gesund!
      Christian

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  2. Theo Schlaffer

    Hallo Christian,
    da ich Deine Finanzanalysen sehr schätze, irritieren mich Deine „Corona“-Aussagen. Jens hat die Zahl von denkbaren 250.000 Corona-Toten in Deutschland genannt. Genau das sagt Prof. Dr. Drosten von der Berliner Charite im ORF-Interview vom 24.04.2020 auf die Frage des Moderators, ob die Corona-Sterblichkeit letztlich nicht höher sei als die rd. 25.000 Grippetoten in Deutschland bei einer aggressiven Grippe: „Diese Auffassung ist vollkommen falsch … nicht vergleichbar mit einer schweren saisonalen Grippe, bei der die Sterblichkeit um den Faktor 10 bis 20 niedriger liegt.“ Bitte nenne Deine Quelle, die belegt, dass Prof. Dr. Drosten Unsinn redet.

    Selbst wenn das nicht sachlich zu belegen, kannst Du natürlich der Meinung sein, dass die aufsummierten negativen Auswirkungen des Lockdown für Wirtschaft und Gesellschaft schwerer wiegen als das theoretisch gesicherte Leben von vielleicht 250.000 Menschen, überwiegend ja alte Männer mit Vorerkrankungen – so wie ich einer bin. Dann sag das aber auch offen.
    Theo

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Hallo Theo,
      zunächst einmal muss ich klarstellen, dass ich selber ja auch schon (bedingt) zur Risikogruppe gehöre. Na gut, ich bin nur 59 Jahre alt.
      Ich bezweifele, dass für den Schutz von Älteren ein Lockdown in der gewählten Form wirklich nötig und hilfreich war. Schweden geht an diesem Punkt einen völlig anderen Weg. Sehr erfolgreich, wie ich finde. Das Absagen von Messen, Volksfesten, Fussballspielen usw. und eine höhere Distanz zu Fremden (Nahverkehr usw.) hätte in meinen Augen völlig gereicht, um die Pandemie nachhaltig abzumildern. Ich bin da Laie. Trotzdem ist auffällig, dass die durchgesetzten Maßnahmen in vielen Fällen gar nicht helfen können. Der Virus springt nicht draussen im Freien einfach so von einem Menschen auf einen anderen über. Es braucht eine erhebliche sozial Nähe (wie zum Beispiel bei grölenden und feiernden Fussballfans).
      Dass die Maskenpflicht zwar die Menschen beruhigt, aber so wie sie durchgeführt wird nicht helfen kann, erklärt dir jeder Mediziner.
      Nun zu den Virologen. Die haben ihre eigenen Interessen. Die Sterblichkeit von Corona steht noch nicht fest. Niemand kennt sie und niemand kann sie derzeit kennen – da wir die Zahl der wirklich Infizierten nicht kennen. Sie wird aber tatsächlich deutlich höher liegen als bei der Grippe. Auch Herr Drosten vermutet bei diesem Punkt und kann auch gar nichts anderes tun.
      Die Menschen hatten eine massive Panik vor dieser Virusepidemie – die Regierung hat gehandelt. Welche Handlungen wirklich sinnvoll waren, das wird die Forschung uns erst in einigen Jahren sagen können. Ich weiß, Regierungen können so lange nicht warten. Die Versuchung für die Regierung, scheinbar mutig zu handeln war erkennbar sehr groß.
      Schöne Grüße aus Berlin
      Christian

      P.S.: Einen sehr traurigen Hotspot für die Verbreitung von Corona will ich noch nachtragen: Krankenhäuser. Das war leider schon in Bergamo (Italien) so. Viele Ärzte in Italien haben sich zudem infiziert, weil sie keinerlei Schutzkleidung hatten. Die europäischen Regierungen waren erkennbar völlig unvorbereitet.

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      1. Marc

        Zu den Masken gibt es jetzt eine Studie, die besagt, daß die normalen chirurgischen Einmalmasken (im Handel erhältlich) das Gegenüber schützen. Die Studie sagt nichts über Stoff-tücher oder Masken aus.
        Wenn hingegen alle die professionellen FFP3 Masken fachgerecht tragen würden, wären alle geschützt.

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        1. Dusan

          Da gibts verschiedene Studien, und jeder sucht sich scheinbar die raus die ihm am besten gefällt.
          Bei einer Studie husteten Covid-Patienten auf Petrischalen

          1. Ohne Maske
          2. Mit den gängigen blauen Chirurgenmasken
          3. Mit Baumwollmaske

          Bei letzterer immerhin 1/3 weniger gemessene Viren auf der Petrischale.
          Aber 2/3 gehn ja dropsdem durch und wabbern als Aerosol durch den Raum.
          Da hilft nur – lüften.

          Die Masken sind vor allem eine „ständige Erinnerung, dass was im Umlauf ist“, was zu verändertem Verhalten führt. Und sie beruhigen die Leute, grad der Deutsche braucht viel Ordnung und Struktur sonst wird er nervös („German Angst“).

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  3. Christian

    Hallo Zusammen,

    zuerst vorweg: Ich bin mittlerweile auch wieder zu einem hohen Prozentsatz investiert. Aber nicht weil ich denke, dass Corona in eine Reihe von Grippewellen eingeordnet werden kann.

    Hinsichtlich der genannten Zahlen:

    „Wir überstehen alle paar Jahre eine Grippewelle mit 25.000 Toten.“

    Wenn man die Übersterblichkeit her nimmt, kommt das fast hin. Für 2017/18 ja, davor war es immer etwas bis sehr viel weniger.
    Wenn man aber im „Katastrophenjahr 2017/18 die Todesfälle mit bestätigten Grippeerkrankungen anschaut waren das ca. 1700 (Quelle: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-grippevergleich-101.html).
    Die aktuelle Anzahl der betätigten Todesfälle von Covid-19 beträgt aber über 6000. Sicher ist es nicht so einfach aber wenn man billig hochrechnen würde, käme man auch eine Übersterblichkeit ca. 100.000. Und diese Zahlen stehen vor dem Hintergrund des Lockdowns. Hätte es diesen nicht gegeben, möchte ich nicht wissen, wie die aktuelle Lage wäre. Who knows… wie Christian immer so schön sagt.

    Mit einer Parallele zu einer normalen Grippewelle sollte man also äußerst vorsichtig sein.

    „Schweinegrippe … Am Ende waren weltweit 250.000 Menschen tot“

    Auch hier liegt die Zahl der gemeldeten Toten im Zusammenhang mit Schweinegrippe bei knapp 19.000 lt. WHO (Quelle: https://www.who.int/csr/don/2010_08_06/en/). Für Covid-19 Totesfälle gibt Johns Hopkins aber aktuell schon 210.000 (ca. das 11fache) an. Ohne das die Pandemie schon zu Ende wäre.
    Eine später veröffentliche Studie SCHÄTZT die Zahl im Bereich von Christians genannten Zahlen ein (Quelle siehe Wikiediaartikel oben).

    Also auch hier Vorsicht mit dem Vergleich.

    Wenn ich diese Zahlen sehe, schätze ich diese Situation schon gefährlicher ein, als das was wir bisher erlebt haben (zumindest in den letzten 20-30 Jahren) und habe ernsthaften Respekt davor. Und wir sollten alle eher nach Möglichkeiten suchen, die ein halbwegs normales (Wirtschafts-)Leben zu ermöglichen ohne die Infektionszahlen gleich wieder nach oben springen zu lassen, anstatt uns die Köpfe heiß zu reden, ob diese Pandemie nun gefährlich ist oder nicht. Denn die Zahlen die unter dem Eindruck massiver Maßnahmen entstanden und auch nur ein Zwischenwert sind und dennoch wesentlich höher ausfallen als die der schlimmsten Ereignisse der letzten Jahre sprechen eher für die Ernsthaftigkeit der Situation.

    Je ernsthafter wir die Situation nehmen, ohne dabei in selbstzerstörischende Panik zu verfallen umso schneller und glimpflicher kommen wir da wieder raus.

    Hinsichtlich Aktien ja oder nein denke ich, dass ein Langfristinvestor mit Qualitätsunternehmen im Depot auch in einer Krise dennoch nicht zuviel falsch machen kann. Aber eben Fokus auf lange Frist und Qualität!

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Deine Zahlen haben zwei Fehler (in meinen Augen). Gemeldete Fälle haben im Fall der Grippe nichts mit tatsächlichen Fällen zu tun. Wer untersucht in Deutschland schon Tote genau auf die Todesursache? Normalerweise niemand. Wir sind also auf wissenschaftliche Zahlen angewiesen, auf Forschung. Diese Zahlen habe ich sowohl bei der Grippe als auch bei der Schweinegrippe benutzt.

      Antworten
  4. Jens

    Diese Einschätzung kann ich überhaupt nicht teilen. Ich glaube, viele Menschen haben noch nicht verstanden, warum Virologen und Politiker gerade vor diesem Virus so viel Angst haben.

    Die Welt versucht gerade nichts weniger, als zu verhindern, dass die Pandemie ähnliche Dimensionen annimmt wie die spanische Grippe vor einem Jahrhundert. Was das bedeuten würde, kann jeder selbst nachlesen – dann reden wir nicht mehr über 250000 Tote weltweit, sondern über eine sechs- bis siebenstellige Anzahl – und zwar allein in Deutschland. Damals war man weltweit auch gerade mit anderen Dingen beschätigt – mit fatalen Folgen. Vor diesem Hintergrund haben die Politiker nicht panisch reagiert, sondern durchaus vernünftig – wenn auch etwas zu spät. Und ich wüsste nicht, was sich seit Beginn des Lockdown am grundsätzlichen Bedrohungszustand geändert haben sollte. Ob ein solches Horrorszenario realistisch ist, weiß ich nicht – aber die Angst wird bleiben.

    Meine Erwartung ist, dass man unter allen Umständen zu verhindern versuchen wird,, dass die Reproduktionszahl des Virus dauerhaft signifikant über 1 steigt, so lange es weder Medikament noch Impfstoff noch halbwegs verlässliche Informationen über die Dunkelziffer der Infizierten und Genesenen gibt. Whatever it takes, sozusagen. Und dafür wird man notfalls auch noch zwei oder drei Lockdowns in Kauf nehmen – es sei denn, es stellt sich heraus, dass der Lockdown wirkungslos ist, oder es finden sich Alternativen mit weniger Kollateralschäden.

    Mein favorisiertes Szenario sind die 1800 Punkte.

    Beste Grüße
    Jens

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Meine Güte – so viel Panik. Millionen Menschen die alleine in Deutschland sterben. Das ist weder durch die Fakten gedeckt noch durch die Forschung. Stand der Forschung ist: In Deutschland beträgt die Zahl der Personen, die sich durch Kontakt mit anderen auf eine Entfernung von rund einem Meter infiziert haben (oder über die viel zitierte Türklinke) exakt – Null.
      Die Krankenhäuser müssen Kurzarbeit anmelden. Die Menschen sterben, weil sie trotz Symptomen von Herzinfarkt nicht zum Arzt gehen. An der Panik werden möglicherweise mehr Menschen sterben als an Corona selber.
      Wenn Panik die Diskussion beherrscht kommt es zu den absurdesten Annahmen. Und das alles – weil der Virus neu ist.

      Mein favorisiertes Szenario ist 3.300 Punkte. Das bedeutet dass sich die Aufregung legt. Und ein Demokrat Präsident wird.

      Schöne Grüße aus Berlin
      Christian

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  5. Michael Dierolf

    Faszinierend bis zum heutigen Tag finde Ich , die geniale Gleichschaltung der Medien mit der Regierung .
    In Spanien , Italien , Frankreich und Deutschland.
    Wie gut das System Angst funktioniert. Und das bei einem definitiv harmlosen Virus . Der selbst einem 80 jährigen ohne zig Vorerkrankungen ohne Pharma Dauerpräparate , nichts anhaben kann .
    Schweden ist wohl eines der wenigen Länder , in welchem die WHO noch nicht alles bestimmt .
    Es bleibt spannend . Das nächste Virus in ein paar Jahren ist uns gewiss .

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Gleichschaltung ist kein Wort, das ich so stehen lassen möchte. Es gibt eine massive Massenpanik der Bevölkerung vor diesem Virus. Was passiert wäre, wenn die Regierung nicht gehandelt hätte, das wage ich mir nicht auszudenken. Vermutlich ein Volksaufstand.
      Trotzdem dürfen wir die Gesellschaft nicht den Virologen überlassen. Wir überlassen sie ja auch nicht den Suchtexperten. Oder den Onkologen.

      Antworten
  6. Daniel

    Das ist ja schon alles recht und gut. Aber die Basis der 2020 Gewinne werden zwischen 20 und 40% unter den gewinnen aus 2019 fallen. Dann wären wir im optimum bei einem KGV von 18.75 im schlechtesten Fall bei 25!

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ich habe die aktuelle Schätzungen der Gewinne für 2020 und 2021 verwendet. Für die Rechnung zum Jahresende habe ich allerdings die Gewinne des kommenden Jahres herangezogen – alles andere ergibt ja auch keinen Sinn. Niemand kauft im Dezember Aktien und fragt sich, wie hoch die Gewinne in 2020 waren – sondern wie hoch sie in 2021 ausfallen werden.

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  7. Felix

    Noch entscheidender als die fiskalpolitischen Instrumente und Kennzahlen wird die Frage sein, wie sich die Pandemie entwickelt: Kann sie tatsächlich weltweit eingedämmt werden, ohne dass alle im Hausarrest festsitzen oder kommt es zu einer erneuten, möglicherweise heftigeren Welle mit nochmaligem Lockdown?

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ich habe da Zweifel. Niemand hat 2008/09 einen Lockdown überhaupt in Erwägung gezogen, als die Schweinegrippe ausbrach. Die Welt war mit der Wirtschaftskrise beschäftigt – keine Regierung hätte so etwas überhaupt durchsetzen können. Am Ende waren weltweit 250.000 Menschen tot. Und eine Milliarde Menschen waren infiziert.
      Das hat damals niemanden gekümmert. Die Medien haben auch nicht nennenswert darüber berichtet.
      Diesmal aber ist alles anders. Die Berichte aus China haben auch bei uns im Westen helle Panik ausgelöst. Als Corona dann alle Grenzen übersprang und scheinbar nicht einzudämmen war, standen die Regierungen unter Druck. Und sie haben gehandelt und sich dabei am Vorbild Chinas orientiert.
      Niemand kann das ein zweites Mal politisch durchsetzen oder finanzieren. Auch China kann das nicht. Und niemand wird im Herbst wiederum in so heftige Panik verfallen, wie im März. Wir überstehen alle paar Jahre eine Grippewelle mit 25.000 Toten. Wir können auch 25.000 Tote durch Corona überstehen. In der Sterbestatistik ist das nicht viel mehr als ein Rundungsfehler – bei 880.000 Gestorbenen in Deutschland im letzten Jahr.
      Meine Vermutung: Niemand wird es wagen, die Wirtschaft noch ein zweites Mal anzuhalten. Auch für die 25.000 Menschen die vor drei Jahren in Deutschland gestorben sind, hat das niemand gemacht. Es wird keinen zweiten Lockdown geben.

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      1. Marco Dargel

        Sehr schön geschrieben und das teile. Ich denke auch, dass wir eher eine Social Media Pandemie hatten. Sehr interessant fand ich, wie zunächst ein Bonus für überarbeite Krankenpfleger und Schwestern gefordert wurde, die scheinbar 12 Stunden Schichten hatte. Das RKI bat sogar darum, dass Pflegekräfte auch leicht erkrankt weiter arbeiten sollten, damit das Gesundheitssystem nicht zusammenbreche und keine zwei Wochen später will das erste Krankenhaus Kurzarbeit anmelden. Ich hätte auch gerne einen Bonus für Kurzarbeit. Corona Massengräber in New York entpuppten sich eher als landesweiter Massenfriedhof für Obdachlose.
        Ein Freund von mir hat einen Freund in der Schweiz, der dort als Krankenpfleger arbeitet. Auch dort nichts los. Das sieht ganz anders aus, wenn ich mir die Panikberichte im Fernsehen ansehe. Ich kann mich noch an eine Ärztin erinnern, die vom nackten Grauen vor Ort sprach.

        Immerhin ein schöner Blog. Ein Zünglein an der Waage, der mich ermutigt immer weiter zu investieren.

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        1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

          In Italien und Spanien war definitiv die Hölle los. In New York auch. Italienische Ärzte mussten schwer an Corona Erkrankte ohne jede Schutzkleidung untersuchen. Viele von ihnen sind gestorben, da offenbar auch die Dosis an Viren die man abbekommt eine Rolle spielt. Und die war bei diesen Ärzten leider sehr hoch.
          Ich will das alles nicht verharmlosen. Aber Panikmache ist auch die falsche Antwort. Dummerweise sterben aufgrund der Panikmache viel mehr Menschen, als eigentlich nötig. Wenn OPs abgesagt werden die dringend nötig sind, dann kann das auch zum Tode des Betreffenden führen. Tragisch.

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