Ein Fall von Hype – wie die Aktie von Pantaflix vorübergehend zur deutschen Antwort auf Netflix wurde

Stay clear of the Hype (II. Teil)

 

Im letzten Text über Anlagehypes ging es um den Bitcoin, der vor einem Jahr sein Hoch bei knapp 20.000 Dollar erreicht hat. Seither geht es mit dem Bitcoin nur noch bergab. Die Kryptowährung war ein klassischer Hype.

Heute soll es hier auf grossmutters-sparstrumpf um die vielen kleinen Hypes an der Börse gehen. Hypes sind das Lebenselexier zahlreicher Börsenbriefe und großer Teile der Finanzpresse. Sie setzen nicht auf valide Trends, die sich langsam entwickeln wie etwa der Trend zum bargeldlosen Bezahlen (MASTERCARD, WIRECARD, PAYPAL). Oder der Trend zum Sport (NIKE, ADIDAS).

Warum?

Weil diese Aktien viel zu langsam steigen. Der Verkauf diese Börsenbriefe lebt nicht von der Aussicht auf 20-25 Prozent Gewinn im Jahr (in guten Zeiten), wie etwa MASTERCARD ihn seit Jahren bietet. Er lebt vielmehr von der Aussicht auf 200 Prozent Gewinn. Im Jahr. Oder im Monat. Gier frisst Hirn.

 

Wie kommt es zu 200 Prozent Gewinn im Jahr?

 

Zweihundert Prozent Gewinn in kurzer Zeit zu erzielen, das geht nur mit sehr kleinen Aktien, micro caps oder small caps. Deren Kurs kann problemlos durch die Zusammenarbeit von einigen wenigen Investoren, dem Unternehmen selber und willigen Börsenmedien beeinflusst werden. Nach oben beeinflusst werden. Der steigende Kurs dient dann dazu, stets neue Anlegerscharen anzuziehen. Nichts fasziniert manche Privatanleger so sehr wie stark steigende Kurse. Das ist der Kern eines jeden Hypes, auch des ‚kleinen Hypes’. Er verheißt schnellen Wohlstand – nicht langsames Wachstum des angelegten Geldes.

So lief es auch bei der Firma PANTAFLIX. Hier kommt der Chart:

 

 

 

Der Pantaflix-Hype

 

PANTAFLIX sollte angeblich die deutsche Antwort auf NETFLIX werden. Der Börsenwert von gerade einmal 12 Millionen Euro (2015) zusammen mit einer mediengerechten Wachstumsstory führte in den vergangenen zwei Jahren zu einem enormen Kursanstieg. Zweieinhalb Jahre später war die Firma stolze 200 Mio. Euro wert.

Von gut 2 Euro geht es ab Oktober 2016 hinauf bis auf 20 Euro im November 2017, ein Gewinn von 900 Prozent in gerade einmal 13 Monaten. PANTAFLIX wird zu der Zeit von zahlreichen Börsenmedien empfohlen. Und PANTAFLIX sorgt für einen positiven Newsflow.

Wenige Tage vor dem Höhepunkt des Bitcoin ist allerdings auch bei PANTAFLIX Schluss mit dem stets steigenden Kurs. Das Unternehmen muss einen Verlust für das Jahr 2017 melden – das lässt die Anleger aufwachen. Von da an geht es nach Süden. Und zwar heftig.

 

 

92 Prozent Verlust in einem Jahr – das ist für viele Anlegerinnen und Anleger nahe am Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Mittlerweile ist die Aktie, für die Schauspieler Matthias Schweighöfer seinen Namen hergab, fast nur noch ein Pennystock. Er selber soll rund 20 Prozent an dem Unternehmen besitzen. Es gibt kaum Umsätze mit dem in den Finanzportalen oft in den Vordergrund gestellten Streaming – und das Unternehmen gibt Zahlen für diesen Unternehmensbereich nicht preis. Zudem gibt es keine Gewinne, sondern Verluste, bei der „deutschen Antwort auf NETFLIX“.

Stattdessen vermeldet PANTAFLIX immer wieder – Gewinnwarnungen. Die letzte kam Anfang Dezember. Sie ließ die Aktie erneut einknicken. Von Umsätzen mit dem Streaming ist dabei ohnehin nicht mehr die Rede. Man produziert Filme. Mit Matthias Schweighöfer. Und weist Jahr für Jahr Verluste aus. PANTAFLIX ist eine simple Filmproduktionsgesellschaft, die von Börsenmedien und dem Bankhaus Metzler zum kommenden, großen Medienunternehmen geadelt wurde. Metzler sprach davon, dass PANTAFLIX zu einem „globalen Powerhouse“ werden könne. Global! Na dann! Wenn die das sagen.

 

Jedes Jahr ein neues Pantaflix

 

Mal sind es Aktien die Matthias Schweighöfer empfiehlt, mal Cannabis-Aktien, Lithium-Aktien, Binäre Optionen, Wasserstoff oder Bitcoin – alle diese Moden werden von Börsenbriefen und Internetseiten aller Art genutzt, um Anlegerinnen und Anleger in einer Vielzahl von un- und halbseriösen Anlagen zu treiben, die angeblich den schnellen Gewinn versprechen. Der Kurs steigt rasant in die Höhe. Immer neue Anleger stürzen herbei, um an dem tollen Anstieg des Kurses mitzuverdienen.

Am Ende stürzen auch diese kleinen Hypes in sich zusammen. Zumeist endet es böse. So wie beim Bitcoin. Oder bei den Binären Optionen (Glaubst du den Binary King?),  die mit der Hilfe der Werbung der stets klammen Tennislegende Boris Becker Anlegerinnen und Anleger im großen Stil um ihr Geld brachten. Oder eben bei PANTAFLIX. Bei diesem üblen Spiel mischen oft auch Großinvestoren mit, die ihr Geld rechtzeitig wieder abziehen. Mit hohen Gewinnen.

In mein Depot und in das wiki „Global Champions“ kommen weiterhin keine Unternehmen, die eine der aktuellen Moden und Hypes im Aktienbereich bedienen. In das Depot kommen nur proven winners – Unternehmen also, die längst bewiesen haben, dass sie gewinnen können. NETFLIX ist ein solches Unternehmen – das als NETFLIX-Verfolger hochgehypte PANTAFLIX dagegen ist es nicht.

Um das unermüdliche Wirken der Finanzpresse zum Nachteil deiner Geldanlagen geht es hier auf grossmutters-sparstrumpf in der kommenden Woche in einem Gastbeitrag von Dr. Gerd Kommer über Finanzpornographie. Wann immer es einen Börsenhype gibt, ist eine finanzpornographische Berichterstattung mit im Spiel.

Stay tuned!

 

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3 Kommentare

  1. Axel

    Moin!

    Ich denke Marine Harvest würde in euer WIKIfolio passen.

    Gruss

    Axel

    p.s.: in bisheriger Unkenntnis eures Portofolios muss ich sagen, dass ich einen Teil eurer Aktien auch im Portofolio habe oder hatte.

    Antworten
  2. Wolfgang Metz

    Danke für den Artikel. Wie immer hab ich nichts daran auszusetzen.
    Bis auf eine Kleinigkeit vielleicht: Steigt eine Aktie von 2 Euro auf 20 Euro, sind das 900% Gewinn.

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Völlig richtig. Wird sofort geändert.

      Antworten

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