Eine vorweihnachtliche Geschichte
In fünf Tagen, am Freitag Abend, sitzen drei Wall Street Manager nach einer ereignisreichen Woche zusammen und trinken teuren Rotwein. Sie haben sich eine Flasche Brunello geleistet, Jahrgang 2010 – ein sündhaft teures Jahr. Dann stoßen sie auf die Trump-Rally an, die ihnen allen satte Gewinne beschert hat. Und als die zweite Flasche Brunello (Jahrgang 2010) kommt, da hecken sie einen Plan aus, der sie alle noch reicher machen wird.
Sie werden ihr Glück wieder einmal in Deutschland und mit deutschen Aktien versuchen. Das hat ja auch Anfang 2015 wunderbar geklappt. Damals haben sie den deutschen Markt in bis dahin ungeahnte Höhen geschossen – und waren rechtzeitig mit großen Gewinnen wieder verschwunden. Von den Boni die sie seinerzeit eingenommen haben, konnten sie sich immerhin einen neuen Tesla als Drittwagen für das Kindermädchen leisten und das Schulgeld für die Kinder.
Nun haben sie einen Plan, wie sie ihr Glanzstück von damals wiederholen können. Und dabei sogar noch viel mehr Geld verdienen werden.
Am nächsten Morgen ruft jeder drei Freunde an und erzählen ihnen – unter dem Siegel der Verschwiegenheit – dass eine interne Studie ihrer Vermögensverwaltung (ihrer Fondsverwaltung; ihrer Bank) ergeben hat, dass der deutsche Aktienmarkt deutlich undervalued ist – und in den nächsten Monaten den amerikanischen outperformen wird.
Drei Freude die jeder wiederum drei Freunde anrufen – das macht jetzt schon 12 Mitwisser die zusammen einige Dutzend Milliarden Dollar verwalten. Aber da sie ihre Infos ja unter dem Siegel der Verschwiegenheit weitergegeben haben, wissen schon bald rund 60 Anlageexperten an und um die Wall Street bestens Bescheid.
„Hast du gehört, Deutschland ist wieder im kommen!“
„Ja, ja – ich bin im Bilde. Klar wir steigen auch ein.“
Bis zu diesem Zeitpunkt hat der fallende Euro sie alle von einem Kauf deutscher Aktien abgehalten. Wozu kaufen, wenn morgen ja doch alles billiger wird? Aus amerikanischer Sicht ist das verständlich. Käufer warten nun mal, wenn sie jeden Tag feststellen, dass das, was sie gerne hätten, von Tag zu Tag für weniger Geld zu bekommen ist.
Jetzt aber ist der Euro kurz vor der Dollar-Parität angekommen. Dort wird er wohl eine zeitlang verharren – Zeit genug für die drei, ihr Spiel durchzuziehen. Und so legen die drei Freunde, die sich schon aus Studienzeiten kennen, kurzentschlossen den Schalter um – der Dax springt am nächsten Tag um 15.42 Uhr über die Marke von 10.800 Punkten. Das ist jetzt schon seit Wochen, ach, seit Monaten die Grenze für den Index.
Auch in Deutschland werden Analysten wie Anleger schlagartig wach. Der Index hat die 10.800 mit Leichtigkeit überwunden! Was ist da los?
„Da tut sich was in Frankfurt, ich glaube, da geht noch mehr!“
„Ja, habe ich auch mitbekommen, wir investieren auch in den DAX.“
Viele Anlageberater werden aufmerksam und lenken nun einen Teil ihrer Gelder in den deutschen Aktienmarkt. Schon nach drei Tagen hat der DAX die 11.000 genommen. Die Bildzeitung jubelt und berichtet groß auf Seite eins.
Der Schwung der 60 Anlage-Profis von der Wall Street und ihre geballte Marktmacht reicht, um den Index innerhalb weniger Woche bis auf 11.800 Punkte zu katapultieren. Dort geht der Rally die Puste aus – am 30. Dezember. Die Jahresendrally, auf die alle gewartet haben – sie hat stattgefunden.
Die drei Freunde sind bei 11.750 wieder raus und haben sich wieder dem Heimatmarkt zugewendet. Warum auch zu große Risiken eingehen! Die da drüben in Europa sind ja doch recht verrückt. Von Grexit über Brexit zu Italexit ist dort unablässig zu viel Unsicherheit mit im Spiel. Wie viel besser haben sie es doch im heimatlichen Amerika!
Also haben die drei Freunde ihr Engagement abgewickelt und den DAX und die Deutschen, die noch immer finden, dass in diese schweren Zeiten das Sparen das allerwichtigste ist und so das Wachstum in der Eurozone abwürgen, wieder sich selber überlassen. Und sie haben ihr Geld wieder in die Old Economy gelenkt: DISNEY, NIKE, STARBUCKS, AMERICAN EXPRESS, WELLS FARGO, JOHN DEERE, CATERPILLAR.
Die neuen Zeiten sind großartig – die Aussichten glänzend.
Sparen! Pah. Da wissen amerikanische Präsidenten aber besseres zu tun. Donald Trump wird 500 Milliarden in die Hand nehmen, um der Wirtschaft den Pusch zu geben, den die Republikaner Obama nicht gegönnt haben. Hier in den USA wird es weiterhin Wachstum geben, viel Wachstum sogar. Europa aber – wird im besten Fall stagnieren. Wozu sollte jemand mit klarem Verstand dort dauerhaft sein Geld anlegen? Absurd.
Ob diese Geschichte wahr wird?
Ich weiß es nicht. Zumindest ist sie sehr plausibel. Leider kann es aber passieren, dass die drei Freunde sich doch nicht schon am 2. Dezember treffen, sondern erst zur Weihnachtsfeier am 22. Dezember zusammensetzen und ihren Plan ausbrüten. Und dann müssen wir noch ein wenig warten, bis kurz darauf die Sause losgeht.
Genauso gut kann es passieren, dass sie – vor lauter Arbeit! – und angesichts der anhaltenden Trump-Rally erst im Januar dazu kommen, sich zu treffen. Oder erst nach der Vereidigung des neuen Präsidenten. Oder erst, wenn die Trump-Rally erlahmt.
Also bei der Frage, wann die drei sich treffen, da bin ich mir nicht so sicher. Und wie die drei heißen, das weiß ich leider auch nicht. Aber dass sie sich treffen – und dass danach die große DAX-Rally startet, davon bin ich überzeugt. Und ich biete dir eine Wette an, dass es genau so kommen wird.
Mein Einsatz: Eine Flasche Brunello. Jahrgang 2010.
Die Fortsetzung
Fortsetzung folgt – am zweiten Advent. Dann liest du, wie die drei Freunde es schaffen, während der von ihnen losgetretenen DAX-Rally einen ganz speziellen Sonderprofit zu machen – mit zwei besonderen DAX-Aktien.
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Hallo,
sehr interessante Weihnachtsgeschichte
Bin mal gespannt ob die Geschichte wirklich so Eintritt und du deine Flasche Wein loswirst.
Viele Grüße Klaus-Dieter
Danke für das Lob, Klaus-Dieter. Nächste Woche geht es ja noch weiter – da entscheiden die drei Freunde, welche zwei deutschen Aktien sie ganz besonders gut laufen lassen – und wie sie mit denen noch extra Cash machen. Und am dritten Advent könnte es die nächste Fortsetzung geben. Dazu brauche ich aber noch Ideen. Kannst gerne welche beisteuern!
So ist das reale Börsenleben: Die Kurse machen die ganz großen Spieler im Markt. Und die sitzen nicht in Frankfurt und schon gar nicht – wie ich – in Berlin Pankow.
Schönes Wochenende wünscht
Christian Thiel