Neulich hab ich beim YouTuber Jens Rabe ein Video zu unterschiedlichen Arten von Charts gesehen. Lineare Charts. Logarithmische Charts. Ich finde, er erklärt das immer sehr gut auf seinem Kanal. Da ich schon lange vor hatte, das Thema mal hier auf grossmutters-sparstrumpf zu behandeln, habe ich sein Video zum Anlass genommen, heute mal was dazu zu schreiben.
Ich zeige dir zunächst einmal einen linearen Chart und dann sprechen wir darüber, welchen Eindruck er auf dich macht. Bei einem linearen Chart ist der Abstand zwischen 10 und 20 Euro genauso groß dargestellt wie der Abstand zwischen 100 und 110 Euro. Hier kommt der Chart, in dem du das sehen kannst:
Puh, geht das aber steil nach oben! Das ist zumindest der erste Eindruck. Und es ist der Eindruck, den grundsätzlich jeder lineare Chart eines Unternehmens auf uns macht, dass im Kurs stabil wächst. Am linken Rand scheint sich überhaupt und gar nichts zu tun – der Chart kriecht ein wenig vor sich hin. Aber dann geht es los. Und die Aktie schießt nach oben.
Zudem steigt der Chart auch noch immer steiler an. Das löst Ängste aus. Ist die Aktie etwa viel zu stark gestiegen und du solltest sie unbedingt meiden weil sie demnächst wieder stark fällt? Wenn du genau hinschaust, dass steigt die Aktie – es ist übrigens APPLE – von 2009-2012 eher moderat an. Danach geht es 2013 bis ins Jahr 2015 hinein deutlich steiler nach oben. Und seit Mitte 2016 verstärkt sich dieser Effekt noch einmal.
Die falsche Optik
Doch alles das ist – falsch. Apple steigt nicht immer stärker. Das Gegenteil ist der Fall. Doch das kannst du nur sehen, wenn du dir den Chart von APPLE in einer logarithmischen Skalierung anschaust. Bei einer logarithmischen Skalierung ist jeder Anstieg des Kurses um 10 Prozent gleich groß dargestellt. Bei der linearen war das ja nicht der Fall. Erinnere dich: Der Abstand von 100 auf 110 Euro (10 Prozent) war da genauso dargestellt wie ein Anstieg von 10 auf 20 Euro. Das zweite ist aber ein Anstieg von 100 Prozent.
Hier kommt der logarithmische Chart von APPLE:
Ein ganz anderes Chartbild! Aus ihm lässt sich einiges lernen. Schaust du auf die linke Seite, dann fällt auf, dass da deutlich mehr Schwankungen waren, als wir sie im linearen Chart erkennen konnten. Der starke Kursverfall in den Jahren 2002/03 ist erst hier gut zu erkennen.
Spannend wird es bei den drei Anstiegen, die wir uns gerade schon einmal angeschaut haben. Du kannst auf den ersten Blick sehen, dass der Kursanstieg von APPLE im ersten Schwung von 2003-2007 besonders steil war. Der zweite dann ist schon etwas flacher (2009-2012). Der nächsten ist noch flacher und der letzte Kursanstieg seit Mitte 2016 ist hier überhaupt nicht mehr so eindrucksvoll.
An diesem Chart kannst du auf den ersten Blick erkennen, dass das Wachstum des Kurses von APPLE sich mit der Zeit erheblich abgeschwächt hat – obwohl es immer noch eindrucksvoll ist, keine Frage.
Dieser Chart gibt dir einen viel besseren Eindruck von der Entwicklung des Kurses von APPLE. Natürlich ergibt diese Form der Darstellung nur einen Sinn, wenn es um längerfristige Charts geht. Alles was sind im Bereich von 6 Monaten bis 3 Jahren vollzieht, ist auch in linearen Charts ganz gut zu erkennen. Wenn es aber darüber geht, dann wird es schwierig. Und ein logarithmischer Chart ist die bessere Wahl.
Der logarithmische Index
Was für eine einzelne Aktie gilt, das gilt für einen ganzen Index und seine Entwicklung noch viel mehr. Der DOW JONES zum Beispiel. Wenn du ihn in der linearen Skalierung anschaust, dann sieht es tatsächlich so aus, als wenn sich amerikanische Aktien derzeit in einem totalen Hype befinden würden.
Das ist aber überhaupt nicht der Fall. Es ist nur der optische Eindruck – des linearen Charts. Wechseln wir auf den logarithmischen, dann wird einiges klarer. Zudem sehen wir dann auch viel deutlicher, was der Index in früheren Zeiten, zum Beispiel in den 30er Jahren, gemacht hat.
Hier kommt der Chart des DOW JONES, logarithmisch skaliert:
Der obigeChart ist aus einem Text auf stefansboersenblog entnommen.
Wir sehen in diesem Chart sehr deutlich, wie klein die Verluste der Wirtschaftskrise 2008/09 waren, verglichen mit der Wirtschaftskrise von 1929-32. Zwischen den beiden Abschwüngen liegen ganz offensichtlich Welten.
Und dann ist da noch die Zukunft. Die hat jemand in dem Chart oben schlicht mit einem grünen Strich vorweggenommen. So gerade verlaufen reale Charts nie. Trotzdem ist es ganz einfach, mit Hilfe dieser Darstellung zu erkennen, wann der DOW JONES denn ungefähr zum ersten Mal auf der Höhe von 100.000 Punkten notieren wird. Es ist etwa im Jahr 2040. Und ab 2070 sind dann die 1 Mio. Punkte dran.
Wie sicher ist das?
Damit das passiert, muss die Zukunft der Vergangenheit im wesentlichen Punkten ähneln. Die Wirtschaft in den USA muss sich ähnlich gut entwickeln wie in den vergangenen 200 Jahren. Die Wahrscheinlichkeit dass das passiert ist in meinen Augen sehr hoch – sicher aber ist das nicht und kann das auch gar nicht sein.
Warren Buffett sagt gerne: „Don’t bet against America.“ Er ist ein sehr überzeugter Amerikaner und ein ewiger Optimist. In der Vergangenheit war Optimismus in Bezug auf amerikanische Aktien langfristig tatsächlich immer eine gute Idee. Schauen wir mal, ob Buffett Recht behält.
Hier kommt noch das Video von Jens Rabe:
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Hallo,
Könntest du vllt kurz erklären, wo ich solche logarithmischen Aktien-Kurse finden oder einstellen kann?
Ich nutze dafür entweder die comdirect oder ariva.
Was ändert sich am Unsinn des linearen Charts bei 3-6 Monaten? Nur im logarithmischen sieht man konstant den prozentualen Wandel unabhängig von der x-Achse
Hallo Christian,
wenn man sich einer Darstellung bedient, die ein anderer Finanzblogger erstellt hat, ist es eigentlich üblich, diesen auch zu erwähnen. Ich wäre dir dankbar, wenn du das nachträglich tun würdest.
https://stefansboersenblog.com/2017/01/29/dow-jones-20000/
Viele Grüße
Stefan
Mach ich. Gerne. War mir nicht klar, dass der Chart von dir ist.
Schöne Grüße aus Pankow
Christian
Hallo Christian,
vielen Dank für den sehr interessanten Text. Werde mal gerade bei längeren Entwicklungen mehr auf logarithmische Charts gucken.
Beste Grüße aus dem Ruhrgebiet.
Martin