Warum du kaufen solltest wenn andere Anleger Angst haben

Die Psychologie der Börse – II. Teil

 

In der letzten Woche ging es hier auf grossmutters-sparstrumpf um einen spannenden Aspekt der Börsen-Psychologie. Sind die Anleger über lange Zeit euphorisch (wie in den Jahren 1998-2000) dann folgt in der Regel ein Absturz der Kurse. Sind sie aber über lange Jahre eher ängstlich (wie in den 50er Jahren, den 80ern und jetzt wieder seit 2008), dann steigen die Kurse in der Regel. Der Markt macht einfach nicht was die Mehrheit erwartet. Er macht stattdessen – das Gegenteil.

Das ist wie wir heute sehen werden nicht nur bei langjährigen Börsenzyklen so. Auch im Jahresverlauf findet sich ein ganz ähnliches Phänomen. Haben Anlegerinnen und Anleger große Angst, dann sind Aktien gerade billig. Du kannst sie günstig kaufen.

 

Wie kann man Angst messen?

 

Der amerikanischen Nachrichten Sender CNN macht das schon seit vielen Jahren – mit einer Anlegerumfrage. Aus den Daten ergibt sich ein sehr bekannter Index – der Fear & Greed Index. Hier kommt ein Blick auf diesen Index:

 

 

Der Fear & Greed Index steht derzeit im neutralen Bereich bei 54 Punkten: Na immerhin! Noch vor ein paar Wochen stand er nur bei 18 und damit weit im roten Bereich. Die Anleger hatten Angst, die Kurse fielen. Wer damals gekauft hat, der konnte immerhin 7 % unter dem letzten Hoch des S&P 500 kaufen. Das ist noch ein ganzes Stück entfernt von einer echten Korrektur. Die beginnt erst bei -10 % und geht bis -20 %. Aber immerhin! Günstig ist günstig. Wenn du gerade Geld hattest um es anzulegen, hättest du also kaufen können.

Die Rezession droht – nicht

Wie kam es zu diesem Einbruch der Kurse? Die Anleger hatten Angst, dass Amerika auf eine Rezession zusteuert. Die ökonomischen Daten (zum Beispiel der Leading Öconomic Index, kurz: LEI) geben eine solche Sicht zwar nicht her. Die Medien in den USA waren trotzdem voller pessimistischer Berichte und die Suchanfragen bei Google schossen in die Höhe.

Hier kommt eine Grafik, die das zeigt:

 

 

Wann kaufen?

Die Regel für den Fear & Greed lautet: Kauf Aktien, wenn er bei 18 steht. Natürlich kannst du auch schon bei 20 oder bei 23 kaufen. Aber die Erfahrung zeigt, dass sehr oft die 18 ein günstiger Punkt ist. Nicht nur die Stimmung unter den Anlegern ist dann schlecht – auch die Aktienkurse sind dem gefolgt. Sie sind gefallen. Aktien sind günstig.

Umgekehrt gilt das übrigens nicht. Ein optimistischer Fear & Greed sollte dich nicht verleiten, deine Aktien zu verkaufen. Du verpasst sonst große Teile des möglichen Gewinns.

Der Verlauf der Stimmung

Aus den vielen Werten die der Fear & Greed im Jahresverlauf erhebt, lässt sich auch ein Chart zeichnen. An dem kannst du dann genau sehen, wann die Anlegerinnen und Anleger sehr optimistisch waren – und wann sie sehr pessimistisch war. Hier kommt ein Blick auf die vergangenen drei Jahre:

 

 

Du kannst sehr gut sehen, wie oft die Stimmung der Anleger unter dem Wert von 20 fällt. Immerhin fünf Mal ist das in dieser Zeit passiert. Fünf tolle Gelegenheiten, um Aktien zu kaufen.

Im Chart ist gut zu erkennen, dass der Fear & Greed manchmal sehr deutlich unter dem Wert von 20 fällt. Im letzten Jahr war das im Frühjahr der Fall – und dann noch einmal am Jahres Ende. In beiden Fällen ging es sehr weit nach unten. Kein Wunder – es waren beides ausgewachsene Korrekturen. Da lohnt ein Nachkauf ganz besonders. Ich selber habe sowohl im November als auch im Dezember für das private Depot von grossmutters-sparstrumpf nachgekauft.

Es hat sich gelohnt!

Risiken und Nebenwirkungen

In der Korrektur nachzukaufen ist einer der klassischen Wege, um den Index zu schlagen. Du brauchst dafür allerdings sehr gute Nerven. Immerhin versuchst du zu einem Zeitpunkt in den Markt zu gehen, zu dem der Rest der Anleger sehr pessimistisch ist und das Schlimmste befürchtet. Ein Teil der Bevölkerung befürchtet in dieser Phase sogar das Allerschlimmste. Sie kaufen Gold (weil der Finanzmarkt angeblich kollabiert), Konserven (weil die Versorgung mit Lebensmitteln dann nicht mehr sicher ist) und Kerzen (weil das Stromnetz demnächst bestimmt zusammenbricht)

Ich habe die Ängste der Anleger vor einem enormen Crash jetzt ein wenig karikiert – aber nur ein wenig. Die Angst ist wirklich mit Händen zu greifen, auch bei einigen Leserinnen und Lesern von grossmutters-sparstrumpf. Ich sehe das dann an den Kommentaren. Viele lassen sich in ihrer Angst von den Medien beeinflussen. Die berichten in solchen Phasen besonders gerne von möglichen Börsenabstürzen und Crashs. Die folge für dich: Jetzt zu kaufen ist schwer.

Zweites Problem. Kaum jemand erwischt das Tief. Ich übrigens auch nicht. Das Problem dabei: Innerhalb von nur zwei Wochen stand mein Nachkauf im Dezember mit 8 % im Minus. Aus heutiger Sicht ist das alles kein Problem. Die Aktien die ich damals gekauft habe (es war mein eigenes wiki), stehen jetzt mit gut 20 % im Plus. Ein toller Return, der meinem persönlichen Depot zu einer besseren Performance verholfen hat. Trotzdem hat es sich komisch angefühlt, zunächst einmal in so kurzer Zeit so viel Geld zu ‚verlieren’.

Das dritte Problem. Es könnte noch viel tiefer gehen. Wenn die Stimmung im Fear & Greed bei 18 ist, dann kann sie – erstens – noch bis 10 oder 8 oder 5 fallen. Und zweitens kann sie dort noch Monate bleiben – und die Kurse können die ganze Zeit weiter purzeln. Genau das ist im Jahr 2008 bis in den Februar 2009 hinein passiert. Die Stimmung war über Monate sehr schlecht.

In einem Bärenmarkt oder einem Crash ist die Regel „Nachkaufen bei 18“ also nicht ganz so klug. Es kommt auch auf die Verfassung der Wirtschaft an, der amerikanischen Wirtschaft vor allem denn der Fear & Greed ist ja ein amerikanischer Index.

Wie du die wirtschaftliche Verfassung eines Landes mit Hilfe des schon erwähnten LEI (Leading Economic Index) im Blick behalten kannst, darum geht es in der kommenden Woche. Hier, auf grossmutters-sparstrumpf.

Stay tuned!

 

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6 Kommentare

  1. Christian Cookie

    Da es nun schon eine ganze Zeit lang immer wieder rauf und runter geht, habe ich in diesem Jahr mit einem kleinen Teil meiner Aktien, ungefähr 5%, die Buy-and-Hold-Strategie verlassen. Als Versuch. Die anderen 95% habe ich nicht angerührt. Die 5% habe ich verkauft, wenn die Kurse gestiegen waren, weil es Zeichen der Annäherung im Handelsstreit gab. Dann gab es neue Tweets von Donald Trump gegen China und die Kurse fielen um 5 bis 10%. Und ich habe dieselben Aktien zu günstigeren Kursen wieder gekauft. Das war in diesem Jahr erschreckend einfach und hat sich trotz Gebühren und Steuern gelohnt. Ich dachte immer, solches Market Timing sei nur für versierte Trader möglich, die nichts Anderes machen als die Märkte zu beobachten. Ich habe mich aber nur eine Viertelstunde am Tag mit den Kursen beschäftigt. Wahrscheinlich war es einfach Glück. Bis auf Weiteres führe ich das Experiment aber fort. Für meine persönliche Börsenpsychologie scheint es mir ein gutes Training zu sein, immer wieder zu kaufen, wenn die Kurse fallen. Und auch immer wieder einen kleinen Teil zu verkaufen, wenn die Kurse steigen und ich erste Anzeichen von Gier verspüre.

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ja, in diesem Jahr war es wirklich erschreckend einfach, auf diese Weise zu traden. Ist mir auch aufgefallen. Ich habe es trotzdem nicht gemacht.

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  2. DieChatten

    Da blickt man doch gar nicht mehr durch. Da gibt es noch den „Baltic Dry Index“ (Schiffe..)
    Ich dachte immer, solange dieser hoch ist, dann ist alles ok. Baltic Dry Index ist derzeit noch hoch. Also ich weiss ehrlich gesagt nicht, wo die Rezession ist? Wenn die Chinesen Morgen eine negative Wachstum hätten, dann wäre es schlimm. Aber warum soll es schlimm sein, wenn ein fortschrittliches Land wie Deutschland negativen Wirtschaft haben sollte? Wir sind doch seit 70 Jahren im Wachstum. Was soll da noch wachsen? Wäre doch gesund, wenn es wieder negativen Wirtschaft gibt. Warum soll es schlecht sein?

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  3. Marco Dargel

    Eine lustige Frage wäre, ob das auch für Dividendenaristokraten gilt?

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Die Aristokraten stürzen in Abstürzen des Marktes auch ab – allerdings oft nicht so stark. Tech-Titel leiden bei Korrekturen stärker und erholen sich nachher in der Regel dann auch wieder stärker. Deshalb lohnt es sich mehr, bei denen zuzuschlagen.
      Ich habe wirklich nichts gegen Aristokraten, bin aber der Überzeugung, dass das nicht das entscheidende Kriterium dafür sein kann, ob eine Aktie in mein Depot kommt. In meinem Depot gibt es nach meinem Eindruck immerhin acht Aktien, die zumindest in die Nähe von Dividendenaristokraten kommen (auch wenn sie möglicherweise keine sind oder noch keine sind): JOHN DEERE, ADIDAS, NOVO NORDISK, NIKE, DISNEY, SHERWIN-WILLIAMS, STARBUCKS und LINDT. Sie machen das Depot viel stabiler, als wenn es nur aus FAANG bestände.

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  4. IMHAMSTERRAD

    Wie sagte der deutsche Banker Carl Mayer von Rothschild so schön? „Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen.“

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