Buy! The! Dip!

In dieser Woche jährt sich das Tief, das der Markt vor einem Jahr in der Corona-Krise hatte. Es war an der Nasdaq (Chart oben) und im S&P 500 am 24. März 2020. Ich habe für den Tag etwas ganz besonderes vor: Ich treffe mich (einmal wieder) mit meiner besten Klientin zu einem Finanzcoaching.

Anfang November war meine beste Klientin zuletzt bei mir. Warum sie die beste ist? Weil sie die beste Performance hat. Ich wusste auch bevor sie zum zweiten Termin kam, dass ihre Performance unglaublich gut ist. Das hat zwei Gründe. Erstens wusste ich, welche Aktien sie gekauft hatte (TESLA, ZOOM, APPLE, AMAZON, FACEBOOK). Und ich wusste zudem auch, zu welchem Zeitpunkt sie gekauft hatte: Mitten in der Corona-Krise. Nahe des Tiefs also. Buy the dip.

 

Kaufen am Tief

 

Es war einer der schlimmsten Tage, den die Börse im März des vergangenen Jahres hatte. Die Aktien stürzten um 5 Prozent zu Boden. Und am nächsten Tag stürzten sie noch einmal um 5 Prozent ab. In der Facebook-Börsengruppe „Kleinen Finanzzeitung“ musste ich damals täglich Mitglieder blockieren, die voller Panik zum Verkauf von Aktien aufriefen oder die für 1.000 Euro Konserven horten wollten und die überhaupt den Untergang der Welt kommen sahen. Apokalypse now!

 

 

An so einem Tag des Horrors an der Börse erschien meine beste Klientin bei mir und erklärte, jetzt auf der Stelle Aktien kaufen zu wollen. Buy the dip.

Und dann saßen wir da, inmitten der stürzenden Kurse und sie warf (scheinbar) mit leichter Hand und mit einem deutlich sichtbaren Lächeln auf den Lippen über 100.000 Euro in den Markt, Geld das wohl aus einem Immobilienverkauf stammte. Zwei Tage später rief sie mich an und sagte: „Eigentlich würde ich gerne noch ein wenig Zoom kaufen.“ Ich habe ihr geholfen die richtige Wertpapierkennnummer zu finden. Und dann habe ich zunächst einmal nichts mehr von ihr gehört.

Nahe des Tiefs zu kaufen gilt als besonders geschicktes Manöver. Buy the dip. Ich schätze die Zahl der Menschen die behauptet, sie wolle da kaufen auf rund 100 Mal so groß wie die Zahl derer, die es am Ende auch schaffen. Buy the dip ist schwer. Sehr schwer.

Um an dieser Stelle zu kaufen muss man kein Genie sein. Jeder der den Markt kennt weiß, dass Aktien jetzt billig sind. Aber das hat ja auch einen Grund: Die Nachrichten aus der Wirtschaft sind schlecht. Die Medien überschlagen sich in Weltuntergangsberichten. Um jetzt zu kaufen braucht es deshalb vor allem gute Nerven.

Wer wie meine Klientin Mitte bis Ende März 2020 gute Aktien gekauft hat, der ist jetzt eine gemachte Frau. Ich wusste im November, dass die Performance meiner besten Klientin extrem gut war. Ich wusste auch, dass sie viel besser sein musste, als meine eigene Performance. Ich habe die Aktie von TESLA nicht im Depot. Sie schon. Sie hatte sie schon gekauft, lange bevor sie ins Coaching kam. Die Aktie von GEELY ebenso.

 

Der S&P 500 hat in einem Jahr 62 Prozent zugelegt.

 

Siebeneinhalb Monate später

 

Ende Oktober rief meine beste Klientin wiederum an. Sie wollte erneut einen Teil ihres Geld anlegen. Der Immobilienverkauf hatte ihr rund 250.000 Euro gebracht. Diesmal waren es 50.000 Euro, die ihrer Meinung nach in den Markt sollen.

Ich war (ein wenig) neugierig darauf, welche Aktien sie diesmal kaufen würde. Deutlich neugieriger war ich hingegen auf ihre Performance in der Zwischenzeit. Ich selber stand mit meinem Depot rund 30 Prozent im Plus. Der Lohn für den großen Mut, den sie im März bewiesen hatte – wie hoch mochte er bei ihr sein? Die Antwort lautet: 67 Prozent. Ihr Aktienbestand hat in diesen acht Monaten um 80.000 Euro an Wert zugelegt. TESLA macht nun schon 25 Prozent des Depots aus. Die Aktie hatte sich seit März vervierfacht.

Sie selber wusste von alledem nichts. Sie hatte seit März nicht ein einziges Mal ins Depot geschaut.

Ab und an fragt sie mich auch nach meiner Meinung. Oder wir schauen in mein Depot/wiki „Global Champions“ und ich erkläre ihr, welche Vor- und Nachteile bestimmte Aktien in meinen Augen haben.

 

Auch in meinem Depot/war die Corona-Krise ein besonders heftiger Einbruch – und die schnellste Korrektur, die ich je erlebt habe.

 

Bist du nun neugierig, was sie Anfang November gekauft hat? ETSY, PELOTON, MASTERCARD (sie hat ihre Position verdoppelt), PAYPAL – sie hat die (sehr kleine) Postion vervierfacht. Dazu noch ein paar Aktien von STARBUCKS. „Junge Leute lieben Starbucks“, hat sie zur Erklärung gesagt. Die Position die sie in TESLA hat, haben wir von 25 auf 22 Prozent reduziert. Mehr wollte sie nicht verkaufen. Wegen der Steuern die auf Gewinne anfallen.

Am Mittwoch will meine beste Klientin wiederum kommen. Genauer gesagt: Am 24. März. Weiß sie, dass das genau vor einem Jahr der Tag war, an dem die Kurse im S&P 500 und an der Nasdaq ihr Tief erreicht haben? Vermutlich nicht. Sie wird über die enorme Größe ihrer Position in TESLA nachdenken – und vermutlich wiederum einige neue Werte nachkaufen. Noch ist Geld da vom Immobilienverkauf. Geld, dass jetzt in der Markt kann.

In der Zwischenzeit ist TESLA im Wert noch einmal deutlich gestiegen – und ist dann in eine Korrektur übergegangen. Wie hoch mag ihre Performance jetzt sein? Mein eigenes Depot steht für die vergangenen 12 Monate derzeit bei rund 75 Prozent. Vom Tief aus gemessen sind 12-Monats-Ergebnisse oft so extrem hoch. Keine Angst – das wird nicht so bleiben.

Meine beste Klientin wird vermutlich zwischen 100 und 150 Prozent liegen. Weil sie am Tief den Mut hatte zu kaufen. Weil sie sich nicht von all den Weltuntergangs-Propheten hat beeindrucken lassen. Weil sie Aktien gekauft hat, als sie billig waren. Buy the dip. 

 

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15 Kommentare

  1. Alexander

    interessant wäre was die clevere Frau nun machen möchte

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Sie hatte mittlerweile eine TESLA-Position von 26 Prozent des Depots. Sie konnte sich entschließen, diese Position auf 21 Prozent zu reduzieren. Das ist schwer, immerhin fallen bei dem Verkauf auch Steuern an.
      Nachgekauft hat sie: NIKE (diese Position war nur 1 Prozent groß); JOHN DEERE (die hatte sie noch gar nicht); APPLE (war auch nur recht klein). Und das war es schon. Fortsetzung folgt – vermutlich im Herbst.
      Leider zeigt ihr Anbieter keine 12-Monats-Performance an. Wir kennen sie jetzt also nicht. Sehr bedauerlich. Aber das ist eben so, wenn man bei einem Billig-Broker ist, der keine vernünftige Performance-Funktionen hat. So wie ich es überschlagen habe, ist ihre Performance jetzt aber nicht mehr so viel besser als meine. Ich lag (im Tief) bei rund 75 Prozent – sie vermutlich auch. Also doch keine 100 Prozent in 12 Monaten.

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  2. G Bruns

    Ich habe vor einem Jahr die Füße still gehalten.
    Verkaufen wollte ich auf dem Tiefstand, investieren aber auch nicht aus Angst, es könnte noch viel tiefer runter gehen.
    Glückwunsch an die Klientin, die scheinbar ein glückliches Händchen mit Aktien hat, aber nicht einmal eine WKN raussuchen kann. Nach welchen Kriterien wählt die Dame aus?

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    1. Christian Thiel

      Das mit der WKN war sehr schwierig, weil es Dutzende von Unternehmen gibt, die sich ZOOM nennen. Viele Anlegerinnen und Anleger haben damals die völlig falschen ZOOM-Aktien gekauft, von ganz anderen Unternehmen mit dem Namen.
      Ich glaube meine Klientin fragt sich nur, ob sie die Unternehmen kennt und mag. Und vielleicht noch, ob andere sie mögen (STARBUCKS – junge Leute, also vermutlich ihre Kinder). Zudem beobachtet sie allerdings sehr aufmerksam mein Depot. Sie wählt nur selten eine Aktie aus, die da nicht drin ist. Eskommt aber vor, wie bei TESLA und GEELY. Offensichtlich ist sie ganz sehr von der eMobilität überzeugt. Männer waren da schon immer schwerer von zu überzeugen und haben lieber DAIMLER gekauft. Tja.

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    2. Matze

      Den sinkende VIX (Volatilitätsindex auf den S+P 500) konnte man als zusätzliches Einstiegssignal sehen:

      https://de.tradingview.com/symbols/TVC-VIX/

      Ähnlich 2011 während der Eurokrise, 2016 während der Rohstoffbaisse und Ende 2018 anläßlich der amerikanischen Zinswende.

      Allerdings weiß man um den Tiefpunkt einer Korrektur bzw. Crash nie ob dies der letzte Rücksetzer war und nicht ein weiterer folgt:

      https://www.youtube.com/watch?v=MJWeCRKL1k8

      Weitere Indikatoren sind stets willkommen!

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  3. Peter

    Wie machen Sie das, Herr Thiel. Sie besitzen keine 34c bzw. zur Beratung zu Aktien keine KWG-Lizenz. Ist das rechtlich keine Grauzone zum Beispiel, wenn die Dame einen Verlust erzielt hätte?

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ich berate die Frau nicht. Nicht ich treffe die Entscheidungen – sondern sie. Allerdings nenne ich ihr di vor- und Nachteile möglicher Entscheidungen. Grundsätzlich bin ich ja dafür, dass Menschen eigene Entscheidungen treffen in Bezug auf ihr Geld. Deshalb heißt es auch Coaching (man könnte es auch Finanzinformation nennen, denn das ist ja der Kern). Und ist keine Beratung.
      Ist im Geldseminar auch so.

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      1. Jonny

        Kein Bankberater trifft die Entscheidung, sondern der Kunde. Aber zurecht benötigen die Damen und Herren dort eine Beraterlizenz.

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        1. Christian Thiel

          Oh weh! Dort arbeiten keine Berater, sondern Verkäufer von Finanzprodukten. Sie werden darin auch geschult. Das nennt sich ein „Verkäufsgespräch“. Warum wohl weil sie verkaufen. In Großbritannien dürften sie sich nicht einmal Berater nennen (weil dort der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher einen höheren Stellenwert hat als bei uns). Weil sie es eben nicht sind. Sie verkaufen. Sie haben eine Lizenz zum Verkauf von Finanzprodukten.
          Ich habe die nicht. Ich verkaufe auch nichts. Ich informiere. Und das ist ja zum Glück erlaubt in diesem Land, in dem es rund 100.000 Menschen gibt, die sich Finanzberater nennen – und in Wahrheit Verkäufer von Finanzprodukten sind.

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        2. Christian

          Bankberater bräuchten eher einer Verkäuferlizenz.

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  4. Lehmberg

    Ich bin ehrlich gesagt deprimiert. 100.000 Euro investieren können… Nochmal in Worten: Einhunderttausend. Was für eine Summe. Ein Traum. Wenn ich da meine mikrige 10.000 anschaue… Nie komme ich je in den Bereich, wo andere erstmal anfangen zu investieren… Und auch, wenn ich das mal vielleicht (?) verdopple oder verdreifache. 30.000 Euro. Retten mich 30.000 Euro als Altersvorsorge im Alter??? Aktienhandel scheint etwas zu sein, dass sich nur für Menschen lohnt, die schon Geld haben oder noch sehr jung sind.

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ich habe vor acht Jahren (mit 52 Jahren) auch mit 10.000 angefangen. Allerdings haben wir dann regelmäßig gespart und das Depot aufgestockt.
      Ich will aber deiner Einschätzung gar nicht widersprechen. Es ist so: Wer Geld hat, dem wird noch mehr Geld gegeben.
      Auch der zweite Punkt ist völlig korrekt: Wer jung ist, der hat eine sehr gute Chance, mit Aktien ziemlich wohlhabend zu werden. Wer mit 27 Jahren anfängt 300 Euro im Monat zu sparen, der hat bei einem Return des Marktes wie in den letzten 40 Jahren (9 Prozent) im Alter von 67 Jahren die Summe von 1,275 Mio. Euro. Ich kenne zwar keinen 27-Jährigen der das macht – aber es gibt zweifellos einige, die das könnten.
      Wer die Inflation jetzt noch ausrechnen will aus der Summe von 1,275 Mio, der nimmt stattdessen als Zinssatz 7 Prozent. Dann kommen 746.000 Euro raus.
      Natürlich wissen wir weder wie hoch die Inflation wirklich in dieser Zeit sein wird und auch auf den Return des Marktes in Höhe von 9 Prozent vor Inflation können wir uns nicht verlassen.
      Verlassen können wir uns allerdings darauf, dass Aktien auch in den kommenden 40 Jahren eine vergleichbar gute Anlage sein werden, besser als Girokonto, Staatsanleihen, Gold oder der Kauf von Genussscheinen von Prokon.

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      1. Robin

        Ich bin vor kurzen 30 geworden.
        Hab aktuell ca. 65K im Markt. Noch 30K Reserven zum investieren.
        Und hab einen Sparplan von 2K im Monat laufen zur Zeit.
        Mein Haus ist in ca. 3-5 Jahren abbezahlt.
        Dies alles ohne Erbe / Geschenke.
        Ich muss aber auch sagen, dass ich mit ca. 4K Netto gut verdiene.

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    2. Ulrike Behl

      Hey, ich grätsch mal rein: Wenn ich* es in 5 Jahren auf eine mittlere 5-stellige Summe und zwischen 50-60% Plus geschafft habe, dann auch Du. 🙂
      Fang einfach an. Jeden Monat. 25 Euro.
      Und hol Dir alles an Hilfe, was Du hier bekommen kannst!

      *selbständig, getrennterziehend, depotseitig erst nach der Trennung schmerzlich aufgewacht

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      1. Christian Thiel

        Sehr aufmunternd. Danke.
        Viel Erfolg weiterhin, Ulrike!

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