Mein größter Aktien-Fehler: Zu früh kaufen

Neulich hat jemand in einer Aktiengruppe bei Facebook gefragt, was unser größter Aktienfehler war. Ich antworte dann immer gerne mit dem Beispiel der Aktie von FACEBOOK, die ich zu einem sehr günstigen Preis (13,50 Euro) gekauft habe nur um sie dann schon bei 22,50 Euro wieder zu verkaufen.

Gewinnmitnahme!

Das klingt so harmlos – es hat mich aber sehr viel Geld gekostet. Denn: Ich habe viel zu früh verkauft!

Immerhin ist die Aktie seither bis auf 113 Euro (Kurs von Freitag) gestiegen. Um dir die Rechnung zu erleichtern: Ich hätte bis jetzt 737 Prozent Gewinn mit FACEBOOK gemacht. Wenn ich sie nicht verkauft hätte.chartFacebook.gfx

Was mir damals (2013) fehlte, das war die Geduld. Ohne Geduld machst du mit viel Glück die kleinen Gewinne – die großen aber entgehen dir. Außerdem wusste ich viel zu wenig über das Business von FACEBOOK. Wäre mir klar gewesen, dass FACEBOOK einmal das größte und mächtigste Medienunternehmen der Welt wird, dann hätte ich die Aktie natürlich behalten.

 

Fehler: Zu früh kaufen

 

Heute will ich hier über einen anderen Fehler schreiben, den ich schon oft gemacht habe. Dieser Fehler hat mich in den letzten Jahren mehrfach Geld gekostet: Ich habe viel zu früh gekauft.

Wenn eine gute Aktie wie NOVO NORDISK oder NIKE abtauchte, dann ist die Versuchung groß, sie sofort und auf der Stelle zu kaufen. Klar. Sie ist ja gut. Und sie ist jetzt billiger als letzte Woche oder letzten Monat. Also habe ich sie gekauft.

Es ist aber nicht klug.

Beginnt eine Aktie zu sinken, dann tut sie das oft eine ganze Weile. Und die spannende Frage ist: Wann dreht sie wieder?

Zum Glück ist diese Frage (zumindest für amerikanische Aktien, wie ich sie oft habe) ganz leicht zu beantworten: Sie dreht ab, wenn sie die Analysten und Anleger mit einer earnings surprise erfreuen konnte.

Die earnings surprise ist für amerikanische Anleger das wichtigste Signal, dass eine Aktie wieder in der Spur ist. Und wer erst bei positiven Meldungen über steigende Gewinne kauft, der fährt mit Aktien deutlich besser.

 

9RX-Tractor

Das ist am Aktienkurs von JOHN DEERE gut zu sehen. Das international tätige Unternehmen ist auf landwirtschaftliche Maschinen spezialisiert und hat im November Quartalszahlen vorgelegt. So sieht der Kursverlauf von JOHN DEERE aus:

 

chartJohneDeereEarnings.aspx

Der Kurssprung nach der Bekanntgabe der Zahlen im November ist deutlich zu sehen – die Aktie macht einen Sprung von 92 Dollar auf 102 Dollar. Der Gewinn des Unternehmens war um 150 Prozent besser ausgefallen als erwartet.

 

Ein häufiger Fehler

 

Zu früh zu kaufen, das scheint ein weit verbreiteter Fehler zu sein. Die Tage las ich bei Zacks-Investment im Weekend Newsletter, dass es für Steve Reitmeister eine der wichtigsten Lektionen war, die er über den Aktienmarkt lernen musste. Auch er hat anfänglich immer viel zu früh gekauft. Steve Reitmeister:

Wait for the Proof

 

The one thing that all my value stock failures have in common is that I got in too early. Meaning I was buying in on the way down, hoping and praying that a turnaround would take place. Too often that turnaround did not materialize and my hard earned money was washed down the drain.

So the key is to have the patience for the company to show you undeniable proof that an upturn in business performance is occurring. The clearest form of proof is when the company delivers a big positive earnings surprise that Wall Street analysts fawn over with greatly increased earnings estimates for the future.

Yes it’s true that the stock will jump on that news and you will not grab the stock „exactly“ at the bottom. However, your entry point will be plenty low in the grand scheme of things. Plus you have now GREATLY increased your odds of being in a winning and timely trade.

 

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Was hilft noch?

 

Andere Aktien brauchen keine earnings surprise, um wieder aufzutauchen. NOVO NORDISK ist ein gutes Beispiel hierfür. Die Aktie des Insulin-Spezialisten wurde nach einer verringerten Gewinnschätzung regelrecht abverkauft. Sie stürzte innerhalb von vier Monaten von über 50 Euro bis auf 30 Euro.

 

chartNovo.aspx

Auch hier habe ich einmal wieder viel zu früh gekauft. Schon bei einem Kurs von 45 Euro dachte ich: So billig sehen wir sie so schnell nicht wieder. Aber so kam es nicht.

Kommt eine starke Wachstumsaktie einmal ins Rutschen, dann kann das oft eine ganze Weile anhalten. Einer der Gründe hierfür: Das hohe KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) dieser Unternehmen.

NOVO zum Beispiel notiert in der Regel rund um die 30. Das ist deutlich höher als der Durchschnitt der eher um die 17 liegt. Deshalb ist es für Unternehmen wie NOVO auch gar nicht nötig, ernsthafte Probleme zu haben, um zu fallen. Es reicht, dass das Umsatzwachstum von 7-9 Prozent auf 5-7 Prozent sinkt, und schon kommt der Kurs ins Rutschen.

Wie aber kann ich verhindern, dass ich eine starke Wachstumsaktie viel zu früh kaufe? Ich habe mir in letzter Zeit angewöhnt, einen Blick auf die kurzfristigen Durchschnitte zu werfen. Dazu klicke ich bei meinem Finanzportal den 20er und den 50er Durchschnitt an. Das sieht für NOVO dann so aus:

 

chartNovomitDurchschnitten.gfx

Wenn du dir den Chart genau anschaust, dann ist leicht zu erkennen, wie du billig und gleichzeitig relativ sicher an die Aktie von NOVO hättest kommen können: Erst bei einem Kurs von 38 Euro hat die Aktie zum ersten Mal die 20-Tages-Linie (grün) nach oben durchbrochen. Da zu kaufen ist bei einer stark fallenden Aktie immer noch riskant – aber es ist immerhin doch ein deutlich besserer Zeitpunkt als bei 45 Euro.

Sie hatte sich zu der Zeit zwar auf den Weg zur 50-Tages-Linie gemacht, war dann aber vorher unvermittelt wieder abgebogen – nach Süden. Du hättest also auch noch länger warten können.

Erst als NOVO vorgestern beide Linien durchbrochen hat warst du mit einem Kauf auf der sicheren Seite. Klar, den Tiefpunkt hast du damit nicht erwischt. Aber das ist ohnehin sehr schwer. Nur Anfänger glauben, dass sie das können. Und nur Anfänger an der Börse glauben, dass es ihre Aufgabe sei, Aktien möglichst billig zu ergattern. Erfahrene Anleger wissen, dass es viel einfacher ist, eine gerade steigende Aktie zu kaufen. The trend is your friend.

 

Novo vs. Siemens

 

Einen weit schlimmeren Fehler, als NOVO NORDISK bei 45 Euro zu kaufen hätte ich übrigens gemacht, wenn ich sie gar nicht erst gekauft hätte – und stattdessen auf ein Unternehmen gesetzt hätte, das weniger stark aufgestellt ist als NOVO NORDISK.

Ich hätte ja auch auf die vielen Beiträge in der Finanzpresse hören können, die mir gediegenen deutschen Industrieadel empfehlen. SIEMENS zum Beispiel. Vielen gilt das Unternehmen als grundsolide. Mir nicht. Mir reicht ein Blick auf den Chart der letzten zehn Jahre (SIEMENS: blau; NOVO: schwarz) , und ich bin mir sicher: Mit NOVO NORDISK habe ich die bessere Wahl getroffen.

Hier kommt der Chart – dänisches Wachstumsunternehmen trifft auf deutsche Behäbigkeit:

 

SiemensNovoZehnJahre.gfx

Auch nach dem Kursdämpfer von NONO NORDISK in diesem Jahr gilt: Die Aktie des dänischen Insulinspezialisten ist eine der besten Aktien der Welt. SIEMENS dagegen hat in grossmutters-sparstrumpf nichts verloren.

 

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1 Kommentar

  1. uta pinsler

    ein hilfreicher und mutiger Artikel, DANKE!

    Antworten

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