Kann ich in Aktien anlegen wenn ich ein Haus kaufen will?

Ich habe da mal eine Frage: Wir planen uns in 4 Jahren ein Eigenheim zu finanzieren, da unser Vermieter wohl verkaufen möchte und wir in dem Haus wohnen bleiben wollen. 

Da wir bis vor 4 Wochen nicht einmal Aktien in Erwägung gezogen haben, haben wir unseren Versicherungsvertreter gebeten uns Angebote zu erstellen um Eigenkapital anzusparen. Natürlich legte dieser uns einen Bausparvertrag vor. Irgendetwas hinderte uns diesen gleich zu unterschreiben. 

Im Urlaub haben wir dann „Schatz ich habe den Index geschlagen“ gelesen. Seither beschäftigen wir uns intensiv mit Aktien. Und haben  angefangen anzulegen. Wir haben uns für Aktien von Disney und Novo Nordisk entschieden. Außerdem haben wir 2 ETF Sparpläne angelegt ( S&P 500 und MDax ).

Wir haben nun ab Januar 2019, jeden Monat 2000 Euro zur Verfügung, die wir gerne sparen/anlegen möchten für unsere Ziele. 

Nun kann ich in der Nacht kaum noch schlafen, da ich ständig darüber nachdenke ob ich den Bausparvertrag abschließe, der mir super Zinsen zum finanzieren verspricht oder ich „einfach investiere“ mit diesem Geld. 

 

Sabrina, 34 (Rheinland-Pfalz)

 

Danke zunächst einmal für die schöne Frage Sabrina. Ich schreibe gerne Antworten auf solche Geldfragen. Das macht ein Thema für mich sehr lebendig – und für die Leserinnen und Leser auch. Außerdem liegt mit daran, dass du wieder gut schlafen kannst!

Das Problem bei deiner Anlage ist der sehr kurze Horizont von nur 4 Jahren. Das schließt eine Anlage in Aktien in meinen Augen im Grunde aus. Ich persönlich gehe davon aus, dass die Märkte uns noch 2-3 Jahre Freude machen werden. Aber auch dafür gibt es nun mal keine Garantie. Es ist eine Annahme, mehr nicht.

 

Was bringen uns die nächsten vier Jahre?

 

Innerhalb der nächsten 5 Jahre rechne ich allerdings ziemlich sicher mit einer Rezession. Die Wahrscheinlichkeit hierfür liegt in meinen Augen bei etwa 90 Prozent. Da bleibt nur eine Wahrscheinlichkeit von 10 Prozent übrig für die Variante die für dich gut wären: Keine Rezession in dieser Zeit.

Die Frage ist also: Solltest du deine Zukunft auf eine Wahrscheinlichkeit von nur 10 Prozent bauen? Meine Antwort lautet – Nein!

 

Was passiert bei einer Rezession?

 

In so einer Phase der Wirtschaft fallen die Umsätze der Unternehmen oft nur ein wenig, die Gewinne aber fallen schon deutlicher. Und damit fallen die Kurse. Auch deutlich. Natürlich gibt es keinen feststehenden Wert, um den es dann nach unten geht. Aber mit 20-30 Prozent sollte jeder Anleger und jede Anlegerin rechnen. Kommt es heftig – und auch das ist möglich – können es auch 30-50 Prozent werden. Dann braucht der Markt in der Regel 2-3 Jahre, um den vorherigen Höchststand wieder zu erreichen.

 

Was machen Langfristanleger in der Krise?

 

Sie kaufen. Ja, was denn sonst!

Ein Bärenmarkt ist für Käufer von Aktien kein Problem. Sie können ihn einfach aussitzen. Sie kaufen in der Krise sogar zu deutlich niedrigeren Kursen. So macht es Warren Buffett in schwierigen Zeiten. Er kauft – zu Discountpreisen.

Ganz anders ist die Lage in dieser Zeit aber für Verkäufer. Wer ausgerechnet jetzt verkaufen muss, der wird mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Verluste haben. Oder sogar große Verluste.

 

Was folgt daraus für deine Geldanlage?

 

Ich sagt das jetzt nur sehr ungern (weil ich Bausparverträge und ihre faktischen Minuszinsen nicht leiden kann) – aber wenn du in vier Jahren über eine sichere Summe Eigenkapital verfügen willst, dann ist der Aktienmarkt nicht der richtige Ort für dein Geld.

 

 

Hilft ein Bausparvertrag weiter?

 

Aber ist deshalb ein Bausparvertrag das Richtige? Gute Frage.

Zunächst einmal sagt mir das Internet, dass schon der kürzeste Zeitrahmen für so einen Vertrag nicht vier, sondern fünf Jahre ist. Wenn du in einen Bausparvertrag einzahlst, dann siehst du frühestens in fünf Jahren Geld. Aber nicht in vier.

Zudem musst du die hohen Sparraten (2.000 Euro/Monat) der ersten fünf Jahre auch in der Folgezeit weiterführen – um den Bausparkredit abzubezahlen.

Zudem ist das Hauptproblem für dich damit noch nicht gelöst. Du brauchst für den Erwerb einer Immobilie einen Kredit, denn der Bausparvertrag reicht nie und nimmer für den Kaufpreis. Um einen Kredit zu bekommen musst du in den Augen einer Bank (oder einer Sparkasse) kreditwürdig sein. Und du musst eine bestimmte Summe an Eigenkapital vorweisen können. Das sind in der Regel mindestens 20 Prozent der Kaufsumme. Die musst du ansparen. Und das musst du nicht zwingend mit einem Bausparvertrag tun. Du hast auch andere Möglichkeiten.

 

Alternative Festgeld

 

Willst du dein Geld schon in vier Jahren sicher zur Hand haben, dann lautet die Alternative möglicherweise: Festgeld. Klar gibt es hier auch nur wenig Zinsen. Das bringt derzeit nur 0,9 Prozent, wenn du einen Anbieter wählst, der eine hohe Bonität hat (wie etwa die HSH Nordbank) und für die im Krisenfall die deutsche Einlagensicherung einspringt oder gar der deutsche Staat. Du kommst hier bei einer jährlichen Sparsumme von 24.000 Euro nach vier Jahren auf rund 1.500 Euro Zinsen. Immerhin. Du hast also jetzt 97.500 Euro.

Beim Bausparvertrag sind von deinen 96.000 Euro die du eingezahlt hast aufgrund der Abschlussgebühren in etwa 94.000 Euro übrig.

Sparst du deine monatliche Sparsumme von 2.000 Euro in Festgeld an, dann hast du nach zwei Jahren schon 48.000 Euro. Mit dem Geld kannst du jetzt schon ein Haus kaufen, dass 240.000 Euro kostet. Für den Betrag bekommt man in den meisten Regionen Deutschlands ein Haus gekauft. Natürlich nicht in den Boom-Regionen. Dort herrschen andere Gesetze.

 

 

Wie wäre es mit sparen und anlegen?

 

Sparen oder anlegen ist deine Frage. Ich habe mir gedacht: Warum nicht einfach beides!

Natürlich kannst du über dein Geld nur ein Mal verfügen. Aber die Summe um die es geht – immerhin 2000 Euro im Monat – ist ja sehr hoch. Sie lässt sich möglicherweise aufteilen. Die eine Hälfte wandert zum Beispiel in den Aktienmarkt, die andere in den Bausparvertrag. Oder wird angespart. In Festgeld.

Auch jede andere Aufteilung ist denkbar. 1.500 Euro im Monat gespart (Festgeld) ergeben nach 4 Jahren die sichere Summe von 73.000 Euro. Damit hast du dein Eigenkapital für den Hauskauf. Es reicht allerdings nur für den Erwerb einer Immobilie im Wert von etwa 350.000 Euro.

Der Rest (500 Euro im Monat) wandert in den Kapitalmarkt. So hast du beides, das Haus das du dir so sehnlich wünschst – und die Anlage in Aktien bzw. ETF’s.

 

Die Sparrate

 

Deine Sparrate hat mich fasziniert und zu einer Rechnung angeregt. 2.000 Euro – das ist viel Geld. Vielen Menschen gelingt es nicht, so viel im Jahr zurückzulegen. Schauen wir mal, was sich aus dem Geld machen lässt.

Nur mal angenommen, du kannst zehn Jahre lang 2.000 Euro im Monat  sparen und das Geld für diese Zeit im Markt lassen. Weil du weiterhin zur Miete wohnst. Dein Hausbesitzer hat sich entschieden nicht zu verkaufen.

Dann hast du am Ende die Summe von 348.000 Euro (bei einem Return von 8 Prozent pro Jahr mit Aktien).

Von diesem Geld hast du selber 240.000 Euro eingezahlt. Der Rest, (108.000 Euro) sind deine Erträge. Was passiert, wenn du nun nicht mehr weiter sparst und das Geld einfach bis zur Rente (20 Jahre) im Markt lässt?

Bei einem Return von 8 Prozent hast du dann aus deinen 240.000 gesparten Euro die Summe von 1.620.000 Euro gemacht. Schwer vorstellbar, dass dein Haus in dieser Zeit ebenfalls so viel an Wert hinzugewonnen hat. In den meisten Gegenden Deutschlands steigen Immobilien kaum im Preis – nur in den prosperierenden Ballungsräumen ist das in den vergangenen Jahrzehnten anders gewesen.

Führst du den Anlageplan nur mit 500 Euro durch (der Rest wandert in den Hauskauf), dann sind es immer noch gut 400.000 Euro. Für 10 Jahre sparen. Und weitere 20 Jahre warten.

 

 

Gibt es da Risiken?

 

Klar. Die gibt es im Leben immer.

Bei Aktien kann es passieren, dass du auch in den nächsten 30 Jahren wieder turbulente Zeiten erlebst – so wie in den vergangenen 30 Jahren eben. Es geht hoch. Es geht runter.

Laufen die nächsten drei Jahrzehnte allerdings so gut wie die letzten, dann erwarten dich in dieser Zeit nicht nur 8 Prozent im Jahr, sondern sogar 10,35.

Das ist ein gewaltiger Unterschied für meine Rechnung. Du endest dann nicht mit 1,6 Mio. Euro, sondern mit 2,6 Mio. Euro wenn du wie oben beschrieben zehn Jahre die volle Sparsumme von 2.000 Euro in Aktien angelegt hast.

Beim Erwerb einer Immobilie gibt es ebenfalls Risiken. Das größte lautet in meinen Augen: Scheidung. Immobilienpläne werden von den meisten Menschen nicht alleine geschmiedet – sondern zu Zweit. Als Paar. Die Wahrscheinlichkeit einer Scheidung liegt ungefähr bei 50 Prozent.

Geht eine Beziehung auseinander, beginnt der Kampf ums Geld. Das Geld aber steckt im Fall des Immobilienkaufs in einem unteilbaren Gut, in einem Haus. Ein Depot dagegen lässt sich leicht teilen. Das verringert Streit.

In der Regel hängen an einem Haus auch deutlich mehr Gefühle als an einem Depot. Auch das verringert Auseinandersetzungen, wenn es zu einer Trennung kommt.

Im Scheidungsfall können Immobilienbesitzer zudem einen großen Teil des Geldes verlieren – oder sogar mit Schulden dastehen. Das gilt vor allem bei neu gebauten Häusern auf dem Land. Ein Haus ist dort oft nur unter dem Gestehungspreis zu verkaufen. Bringt es nur 80 Prozent der ursprünglichen Summe und fordert die Bank noch eine Vorfälligkeitsentschädigung von dir, wenn du den Kredit auflöst, dann sind ganz schnell 25 Prozent des Wertes verschwunden – und das ist deutlich mehr als dein Eigenanteil am Kaufpreis war.

Diese Paare gehen mit Schulden auseinander und ich kann dir ganz genau sagen, wen der Mann für diese Lage verantwortlich macht: Seine Frau. Umgekehrt ist es nicht anders. Auch die Frau sieht die Schuld – natürlich – beim Mann.

 

Deine Entscheidung ist gefragt

 

Das waren meine Ideen zur finanziellen Seite deiner Entscheidung und zu den Risiken. Nun bist du am Zug. Es ist dein Geld, dein Wunsch nach einem Haus und nach einer Rücklage mit Hilfe eines klug durchdachten Aktiendepots – und deine Entscheidung.

 

Wenn du keinen Beitrag mehr verpassen willst, dann bestell doch einfach den Newsletter! So wirst du jedes Mal informiert, wenn ein neuer Beitrag erscheint!

 

 

9 Kommentare

  1. Luise Hanson

    Wir leben bereits im Eigenheim und haben es nun fast abbezahlt. Nun überlegen wir, ob wir unser Geld in eine weitere Immobilie investieren oder eben in Aktien. Es stimmt schon, dass man mit Aktien im besten Fall viel mehr Rendite machen kann. Allerdings ist das Haus ja auch ein reales Investment und hat auch in Krisenzeiten einen Wert. Ich werde mir das noch genauer überlegen.

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ein Investment muss zu demjenigen passen, der es tätigt. Zu mir passen keine Immobilien – und zu anderen möglicherweise keine Aktien. Völlig in Ordnung.
      Man sollte aber die Risiken von beiden Anlageformen kennen. Im Fall einer Trennung sind Aktien besser als Immobilien. Ein Haus lässt sich nicht teilen. Zudem sind Aktien auch Sachwerte, die in einer Krise Sachwerte bleiben.

      Antworten
  2. Martin

    Sehr guter Blog, informativ wie kritisch. Zum Abschnitt „Was machen Langfristanleger in der Krise?“ Macht es einen wesentlichen Unterschied, angesichts einer evt nahenden Rezession in Einzelwerte oder ETF zu investieren? Was hälst du von Anleihen, spielen sie in deinem Depot überhaupt eine Rolle?

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Es gibt Anleger, die gehen auf Anleihen über. Ich verstehe davon ehrlich gesagt noch viel zu wenig, um diese Vorgehensweise beurteilen zu können. Aber je näher ein Bärenmarkt kommt, desto intensiver werde ich mich damit beschäftigen.
      Derzeit halte ich keinerlei Anleihen. Das liegt auch daran, dass ich aus alter Zeit eine Lebensversicherung habe – und legt ihr Geld ja ohnehin vorrangig in Anleihen an. Wozu sollte ich das dann nicht tun? Mein Geld (bzw. das Geld meiner Familie) ist deshalb zu 100 Prozent in Aktien.

      Antworten
    2. Phil

      In Krisen macht es meiner Meinung nach Sinn in Einzeltitel zu investieren, dessen Geschäftsmodell auf zyklisch nachgefragten Gütern aufbaut. ETFs bilden ja so gesehen Marktwirtschaften ab und sind in rezessiven Zeiten vermutlich nicht so stabil.

      Antworten
  3. Marc

    Täuscht es mich oder lese ich zwischen deinen Zeilen, daß der Bär langsam aufwacht? Ich freu mich drauf und auf deine Analysen und Kommentare in einem Bärenmarkt.

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Nein, nein. Er schläft tief und fest! Aber die Frage ist doch: Wie lange noch? Es gibt derzeit einfach keine Möglichkeit, diese Frage mit Sicherheit zu beantworten. Ja wie auch! Das ist Zukunft. Ich kenne die Zukunft nicht. Du auch nicht.
      Deshalb nehme ich Zuflucht zu Wahrscheinlichkeiten. Der derzeitigen Bullenmarkt kann noch 5 oder 7 Jahre so weiter laufen. Er kann das. Aber wird es das auch tun? Er wäre dann immerhin der längste der neueren Börsengeschichte. Unwahrscheinlich. Ich habe dem nur 10 Prozent gegeben. Das ist nicht einmal wenig. In meinen Augen.

      Antworten
  4. Paul

    Ziemlich gut geschrieben…ich finde diesen Blog echt super.
    Vor allem aber deine Performance im Wikifolio ist bisher überragend.
    Mach weiter so

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Danke. Die Performance im wiki/Depot wird auch mal wieder schlechter ausfallen. Im Moment habe ich Glück, weil gleich drei Faktoren das wiki/Depot noch oben tragen. Erstens steigt der Dollar – das pushed das wiki weil es viele Dollar-Aktien enthält. Zweitens haben die Tech-Aktien gerade enorme Umsatz- und Gewinnsprünge und steigen entsprechend. Und drittens steigen die konservativeren Investments wie NIKE, LINDT und DISNEY derzeit (endlich!) auch sehr schön.
      Ich will meinen Erfolg nicht klein reden. Das wiki gehört mit der Performance die es hat und der Größe (rund eine halbe Mio. Euro Anlagesumme) zu den 12 besten wikis auf wikifolio.
      Aber wenn der Dollar fällt, die Tech-Aktien fallende Gewinne und Umsätze haben (oder einfach nur weniger Umsatz- oder Gewinnplus), dann dürfte die Performance wieder etwas irdischer ausfallen. Derzeit steht sie bei über 35 Prozent für 12 Monate – und das ist wirklich überirdisch. Ich wage keine Prognose, wann das passiert – aber wer die Börse kennt der weiß, dass es passieren wird. Die letzte schlechte Phase bei Umsätzen und Gewinnen war 2016. In dem Jahr hatte das wiki – eine Null.
      Danke dir für deine aufmunternden Worte!
      Christian

      Antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

eins × vier =