The Meltdown

In den USA vollzieht sich derzeit eine regelrechte Kernschmelze eines ganzen Wirtschaftsbereichs – ein meltdown. Nein, diesmal ist es nicht das Finanzsystem dem der Kollaps droht wie vor neun Jahren. Es trifft vielmehr den Einzelhandel. Retail, wie die Amerikaner sagen.

„The Meltdown“ ist also im Kern „The Retail Meltdown“.

Amerikanische Handelsketten wie WALMART, MACY‘S, SEARS und J.C.PENNEY stehen vor enormen Herausforderungen. Einige Unternehmen sind sogar in ihrer Existenz bedroht. Nach vielen Jahren mit sinkenden oder stagnierenden Umsätzen stehen sie vor dem Kollaps.

Die Zeitschrift The Atlantic spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer Apokalypse. Starke Worte. Es geht um die Zukunft zahlreicher Unternehmen. Und es geht um die Zukunft von 1.200 Malls. In den nächsten Jahren könnten 300 von ihnen schließen.

 

Vier Gewinner des meltdowns

In diesen Strudel hingerissen werden auch einige der größten US-Einzelhändler. Ich habe keines dieser Unternehmen in meinem Depot. Aber je mehr ich zu dem Thema gelesen habe, desto klarer wurde mir, dass da gerade etwas wirklich Spannendes passiert. „The meltdown“ deutet auf einige fundamentale Änderungen hin, denen ich heute in meinem Blog-Beitrag nachgehen will.

Welche Folgen hat dieser retail meltdown für Aktien? Wer profitiert und steigt somit auf? Wer aber steigt ab? Am Ende werden gleich vier Sieger stehen, vier Unternehmen die durch den retail meltdown sogar gestärkt werden.

 

Was ist ein meltdown?

Wenn du mal einen Chart von einem echten meltdown sehen willst, dann brauchst du gar nicht lange zu suchen. Du musst auch nicht etwa in die Ferne schweifen. Du musst nur auf den DAX schauen und dir die Stromversorger EON und RWE ansehen. Als Langfristchart. Beide Firmen haben jahrelang auf Großkraftwerke gesetzt, auf Kohle, auf Braunkohle und auf Kernenergie – alles drei keine zukunftsfähigen Energieformen. Nach dem Ausstieg der Bundesrepublik aus der Atomenergie haben die beiden Versorger zusehen müssen, wie ihr bisheriges ihr Geschäftsmodell kollabierte. Es fällt ihnen bis heute schwer, sich den veränderten Bedingungen anzupassen.

 

Hier kommt ein Chart von RWE von 2008-2016:

 

rwe8jahre

 

Von 85 Euro hinunter bis auf 13 Euro – das geht für mich als ein meltdown durch.

Wechseln wir die Perspektive – hinüber nach Amerika und zum  meltdown der amerikanischen Handelsketten, wie MACY‘S. Hier kommt der Chart von MACY‘S über die letzten 3 Jahre.

 

 

macyschart

 

Vielleicht reicht dir der Chart nicht, um zu dem Schluss zu kommen, dass da etwas Größeres im Gange ist. Zwar hat MACY‘S in dieser Zeit einiges an Wert verloren (35 Prozent) und ist in der Spitze von 67 Dollar bis auf 27 abgestürzt. Aber sind 35 Prozent denn wirklich viel?

Gut, dann schauen wir uns noch eine weitere Handelskette an, J.C.PENNEY. Die hat es deutlich schlimmer erwischt.

 

 

jcpenneychart

 

Ganze 81 Prozent des Börsenwerts sind im Fall von J.C.PENNEY für die Aktionäre in den letzten fünf Jahren verschwunden. Doch immerhin gibt es J.C.PENNEY noch! Das kann nicht jeder von sich sagen. In den ersten Monaten des Jahres 2017 haben in den USA mehr Einzelhandelsketten Insolvenz angemeldet, als im ganzen Jahr 2016, schreibt The Atlantic.

 

Was habe ich denn mit Retail am Hut!

Nun könntest du sagen: Was interessieren mich amerikanische Handelsketten! Richtig. Völlig richtig. Kaum jemand hier bei uns beschäftigt sich ernsthaft mit denen. Ich habe allerdings zwei Gründe gefunden, warum es doch sinnvoll ist. Eigentlich sind es sogar gleich drei.

Der erste Grund lautet: Dividenden. Viele Anleger sind derzeit auf der Suche nach guten Dividendenzahlern. Oder auch nach besonders guten Dividendenzahlern. Auf diese Weise sind Anleger auch bei uns an Aktien von RWE und EON geraten – und ärgern sich noch heute über die enormen Verluste, die ihnen diese Unternehmen eingebracht haben.

Was für eine satte Dividendenrendite EON und RWE aber auch versprachen! Der Grund ist ganz einfach: Sinkt der Aktienkurs bei gleichbleibender Dividende, dann steigt die Rendite.

 

macys

Das Flagschiff von MACY’S in New York – The World’s Largest Store.

 

Ganz ähnlich sieht es derzeit mit amerikanischen Unternehmen wie MACY‘S aus. Sinkende Umsätze, sinkende Gewinne, sinkender Aktienkurs – das führt zu einer immer höheren Dividendenrendite. Und das erregt die Aufmerksamkeit von Anlegern, die es auf eine besonders hohe Dividendenrendite abgesehen haben. Auch bei uns. Ich habe in den letzten Monaten schon von manch einem Anleger gehört, der mit der Aktie von MACY‘S geliebäugelt hat.

MACYS ist mit einer Dividendenrendite von 5,1 Prozent jetzt unter den 10 besten Dividendenzahlern im amerikanischen S&P 500. Das gilt zumindest so lange, wie das Unternehmen die Dividende nicht kürzt. Oder ganz einstellt. Denn genau das passiert bei Unternehmen die sich in einem meltdown befinden sehr häufig. Und schon ist deine tolle Dividendenrendite dahin!

Mal ganz abgesehen von der Frage, ob der meltdown jetzt schon zu Ende ist – oder ob die Aktie in den nächsten Jahren noch einmal 35 Prozent an Wert verliert. Kann auch passieren.

 

Dividenden sind gut – steigende Dividenden sind besser

Schaust du also nur auf die hohe Dividendenrendite einer Aktie, ohne die Hintergründe dafür zu berücksichtigen, dann bist du ganz fix in ein Unternehmen investiert, das fallende Umsätze, fallende Gewinne (oder gar Verluste) und eine fallende Dividende hat.

Das kann für dein Depot böse ausgehen. Wie bei EON. Oder wie bei RWE. Die Dividendenhistorie von RWE kannst du dir gerne mal hier anschauen. Da geht es von 4,50 Euro (2008) über 3,50 Euro (2009) und 2 Euro (2011) immer weiter stramm nach Unten – bis RWE im Jahr 2015 die Dividende schließlich ganz abschafft. Null.

Gut für dich sind steigende Gewinne, steigende Umsätze und eine steigende Dividenden. Die beste Dividendenaktie ist eine, deren  Dividende nicht nur steigt, sondern deutlich steigt.

 

amazon

 

Der zweite Grund: Online-Shopping

Immer mehr Menschen kaufen im Internet ein. Das ist einer der Gründe, weshalb Unternehmen wie WALMART, MACY‘S und J.C.PENNEY große Probleme haben, ihre Umsätze und Gewinne wie gewohnt zu steigern  oder auch nur zu halten. Der klare Sieger dieser Entwicklung heißt AMAZON.

Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass der retail meltdown in den USA auch etwas mit meinem Depot zu tun hat. Und möglicherweise ja auch mit deinem. Ich habe AMAZON schon zum Start von grossmutters-sparstrumpf vor zwei Jahren empfohlen. Und ich halte die Aktie jetzt seit 2013.

 

In den Jahren 2010 bis 2016 konnte AMAZON in den USA seine Umsätze von 16 Milliarden Dollar auf 80 Milliarden Dollar steigern. Die Handelskette SEARS hat im letzten Jahr einen Umsatz von 22 Milliarden Dollar erzielt. AMAZON hat also in gerade einmal sechs Jahren gleich drei Mal den Umsatz von SEARS hinzugewonnen. (In manchen Quartalen lag der Umsatz bei AMAZON mehr als 30 Prozent über dem Vorjahresniveau. Für ein Unternehmen dieser Größe ist das ein unglaubliches Wachstum.)

In meinen Augen ist und bleibt AMAZON auch für die Zukunft die beste Option für alle, die vom boomenden Online-Handel profitieren wollen. AMAZON ist der erste Gewinner des retail meltdown. Aber keineswegs  der einzige – wie du im zweiten Teil der Serie „The Meltdown“ am Donnerstag sehen kannst. Da werden wir noch vier weiteren Gewinnern begegnen.

Erstaunlich was so ein meltdown mit all seinen Verlusten für Anleger auf der anderen Seite auch an Gewinnern hervorbringen kann!

Stay tuned!

 

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4 Kommentare

  1. Jimbo Jones

    Klasse Beitrag. Stimmt der „meltdown“ ist nicht aufzuhalten: Große Gebäude mit hohen Energiekosten, enormer Personalbedarf + der Anstieg des Internetkonsums…
    Das kann schon mal Wirtschaftszweige den Gar ausmachen.

    Dividenden:
    Jedoch sollten wir uns darauf nicht mehr allzu lange freuen, denn der deutsche Staat wird es auch hier schaffen die letzten Sparer (die all ihr Geld schon 10-fach versteuert haben) nochmalig zu bestehlen: Abschaffung der Abgeltungssteuer + Einführung der Versteuerung (der Div.)nach pers. Einkommenssteuersatz. Könnte passieren…

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Danke. Ich persönlich habe gar nichts gegen die Besteuerung von Aktienerträgen. Aber zum einen wären deutlich höhere Freibeträge angebracht (auch ein Freibetrag für die Kinder, der auf die Eltern übertragbar ist). Und zum zweiten wäre es hilfreich, wenn wir ähnlich wie in den USA Aktien-Accounts für die Rente anlegen könnten, die dann begünstigt werden. Es ist ja nicht einzusehen, dass der Staat sich eine riesige Mühe gibt, uns von Zusatzrenten wie der Riesterrente zu überzeugen mit hohen Kosten bei der Verwaltung und hohen Zuschüssen noch dazu – aber so etwas Simples wie einen steuerlich begünstigten ETF-Sparplan für die Rente gibt es einfach nicht.
      Da hätte die deutsche Gesetzgebung noch viel Luft nach oben – die sie sicherlich nicht nutzen wird.
      Schöne Grüße aus Berlin
      Christian

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  2. Florian Günther

    Super Beitrag. Ich denke, dass auch viele internationale Immobilien Fonds Probleme bekommen werden. Viele von denen haben diese Immobilien in ihren Büchern. Der Siegeszug des Internet wird weiter gehen und die Gewinner sind Amazon, google und co.

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    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      Ja. So ist es. Aber es gibt noch weitere Gewinner. Das Internet verändert die Einkaufsgewohnheiten – aber es bringt eben auch Sieger hervor, auf die man auf den ersten Blick nicht kommen würde. Die Menschen gehen zum Beispiel viel mehr essen, als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Wer profitiert denn nun davon?
      Die Konsumenten stimmen mit den Füßen ab. Und wenden sich anderen Beschäftigungen zu. Davon mehr am Donnerstag.

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