Warum steigen manche Aktien so stark?

Ich will heute einen Blick auf einen ganz besonderen Investing-Aspekt werfen. Er heißt KGV-Expansion. Oder amerikanisch: PE-Expansion.

Eine KGV-Expansion ist die sicherste Möglichkeit, um mit einer Aktie reich zu werden. Ich zeige dir zunächst einmal an einem prominenten Beispiel, wie eine KGV-Expansion funktioniert. Es ist die Aktie von MICROSOFT. Wenn du dir den Chart anschaust, dann wirst du mir sicher Recht geben, dass eine KGV-Expansion eine tolle Sache ist.

Hier kommt der Chart:

 

 

Im November 2012 notierte MICROSOFT zu einem Kurs von rund 28 Dollar. Heute, fünf Jahre später, sind daraus 84 Dollar geworden. In fünf Jahren. Super.

198 Prozent Gewinn macht aus 10.000 Euro die Summe von 29.800 Euro. Die Dividenden sind dabei noch nicht mitgerechnet. Nimmst du sie dazu, dann bist du schon bei 32.000 Euro – das sind deutlich mehr als 200 Prozent Gewinn. Großartig!

 

Wie ist es dazu gekommen?

 

Hat das Unternehmen in der Zeit ein starkes Wachstum seiner Gewinne zu verzeichnen? Die Antwort lautet: Nein. Der Gewinn hat sich kein bisschen vergrößert. Du kannst dir die Zahlen hier selber anschauen. Aus 23,1 Milliarden Dollar Gewinn in 2011 wurde in fünf Jahren die Summe von 21,2 Milliarden. Der Gewinn ist also sogar geschrumpft. Der Umsatz hingegen wuchs leicht.

 

Trotz der sinkenden Gewinne ist die Aktie zweifellos stark gestiegen. Warum? Das hängt mit dem neuen CEO von MICROSOFT zusammen, der seit 2014 in Seattle am Ruder ist.

Er heißt Satya Nadella ist im indischen Hyderabad geboren und dort auch aufgewachsen. Er ist nicht der einzige Migrant in meiner  Geschichte über KGV-Expansionen. Satya Nadella hat einige Fehler seines Vorgängers Steve Balmer korrigiert und dem Unternehmen mit den Devisen „cloud first“ und „mobile first“ eine neue, Erfolg versprechende Richtung gegeben. Das hat die Anleger wieder von dem Unternehmen überzeugt.

 

Wo Microsoft wächst

 

Hat MICROSOFT etwa gar kein Wachstum? Doch, doch. Die Cloud-Sparte wächst derzeit sehr stark. Das ist es unter anderem, was die Anleger überzeugt und zuversichtlich stimmt, dass MICROSOFT in Zukunft ein ganz anderes MICROSOFT sein wird, als das, was wir in den Jahren 2000-2014 kannten.

 

 

Das alles hat Folgen. Der Kurs steigt. Und damit steigt sein KGV – amerikanisch PE (price to earnings). Diese Neubewertung eines Unternehmens nennt man in den USA auch eine PE-Expansion. Das KGV dehnt sich also aus. Dass die Gewinne steigen, das ist dafür nicht zwingend nötig. Es reicht auch schon die Erwartung, dass sie es tun werden – in ferner Zukunft.

Die KGV-Expansion von MICROSOFT hat das Unternehmen von einer Bewertung von gerade einmal 10 bis auf die luftigen Höhen von über 30 geführt. Weil die Anleger MICROSOFT für die Zukunft wieder mehr Wachstum zutrauen.

 

Sind die Anleger im Recht?

 

Sind die Anleger mit ihrer Einschätzung im Recht? Ich weiß es nicht, bin aber bei MICROSOFT grundsätzlich skeptisch. Das liegt auch daran, dass ich mit den Produkten aus dem Hause MICROSOFT sehr schlechte Erfahrungen gemacht habe. Noch heute stürzen diese Programme hin und wieder ab. Früher taten sie das sogar täglich.

Und als MICROSOFT-Skeptiker würde ich anmerken, dass aus den Worten „mobile first“ nicht viel geworden ist. Zwar gibt es die wichtigsten Programme von MICROSOFT nun auch auf vielen mobilen Geräten, die Mobilfunksparte aber musste Nadella umgehend schließen – die Zahlen zum Marktanteil der Smartphones mit einem Betriebssystem von MICROSIFT waren grauenhaft schlecht. Und sanken zudem ständig. MICROSOFT musste 7,6 Milliarden Dollar für den Kauf von NOKIA abschreiben.

 

Nach der KGV-Expansion ist vor der KGV-Kontraktion

 

Ich kann mir gut vorstellen, dass das Unternehmen nach der KGV-Expansion die KGV-Kontraktion erlebt. Bringen Nadellas Schritte nicht den gewünschten Erfolg, dann kann das KGV auch wieder auf 15-20 zurückgeben. Mit entsprechenden Folgen für den Kurs.

Wie so eine KGV-Kontraktion aussieht, das kannst du im folgenden PE-Chart von MICROSOFT sehen. Der Höhepunkt der Aktie war im Jahr 2000, als das Unternehmen zu einem KGV von 75 notierte. Der Tiefpunkt war dann im Jahr 2009. Das KGV betrug nur noch 10.

 

 

Den Kurs der Aktie hat das natürlich auch gebeutelt. Er ging von 60 Dollar (2000) bis auf 16 Dollar (2009) zurück. Auch eine KGV-Kontraktion ist also eine Veränderung der Wahrnehmung durch die Marktteilnehmer. Das Unternehmen wird als wenig innovativ eingeschätzt. Seine Zukunft als unsicher. So eine KGV- Kontraktion gibt es an den Märkten alle Tag. Und sie kann wie du gesehen hast viele Jahre anhalten. Ein Trauerspiel. Nur die Dividende konnte den Aktionären die bittere Pille all die Jahre versüßen.

 

 

Ich will dir auch noch ein aktuelles Beispiel für so eine KGV- Kontraktion zeigen. Es ist die Aktie von PROSIEBEN. Seit drei Jahren schon fällt der Kurs, das KGV sinkt.

 

KGV-Chart von YCharts

 

Ein fallendes KGV zieht Anleger an, die nach Schnäppchen suchen. Doch das KGV sinkt stets weiter – und mit ihm auch der Kurs. Die Anleger haben das Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens verloren. Obwohl die Zahlen von PROSIEBEN gar nicht mal schlecht sind.

Das KGV von PROSIEBEN, das du oben siehst, ist übrigens tagesaktuell. In vielen deutschen Portalen und auch wenn du auf die Wirtschaftsdaten von Bank-Apps zurückgreifst, bekommst du nur Werte, die für das gesamte Jahr geschätzt wurden. Es wurden aber nicht die Gewinne der letzten 12 Monate mit dem aktuellen Kurs verrechnet.

 

Wer expandiert gerade – und warum?

 

Wie kannst du eine KGV-Expansion nun für dich und dein Depot nutzen?

Erstens: Indem du auf Unternehmen setzt, die gerade so eine Expansion durchlaufen. Klar. APPLE durchläuft gerade so eine Entwicklung. Das KGV hat zum ersten mal seit vielen Jahren wieder die vorherige Grenze von 17,5 überschritten. Ich gehe davon aus, dass es bis etwa 24 expandieren wird. Die Aktie wird also stets teurer – ganz ohne steigende Gewinne. Die dürfen dann gerne noch hinzukommen. Wir haben das in der letzten Woche gesehen.

Zweitens: Indem du Unternehmen meidest, die sich aktuell in einer KGV-Implosion befinden. Verringert sich das KGV eines Unternehmens  gerade, dann wird es zwar optisch günstiger – es kann aber sein, dass der Markt das Unternehmen noch auf viele Jahre mit immer niedrigeren KGVs bewertet.

Drittens: Wirf doch ab und an mal einen Blick auf einen KGV-Chart. Hier in Deutschland macht das kaum jemand. Von amerikanischen Wirtschaftsseiten kenne ich diese Charts – und schätze sie sehr. KGV-Charts, wie zum Beispiel den von NVIDIA, kannst du dir bei YCharts anschauen.

 

 

Auch hier bei NVIDIA siehst du sofort die enorme KGV-Expansion der Aktie. NVIDIA war noch vor zwei Jahren zu einem KGV von 20 zu haben. Jetzt steht das Unternehmen bei 61,4. Das sind sehr luftige Höhen. So lange der Grafikkarten-Spezialist sein außerordentliches Wachstumstempo halten kann, kann die Aktie so hoch notieren. Es gehört aber nicht viel Phantasie dazu sich vorzustellen, dass NVIDIA eines Tages auch wieder bis auf 30 zurückkommen wird.

Solche PE-Charts bekommst du bei YCharts leider nur zehn Stück gratis. Danach musst du bezahlen. Oder du begnügst dich mit den leicht verdunkelten Charts, die YCharts dir dann noch anzeigt. Ich mache das regelmäßig so. Heute hatten sie ihren großzügigen Tag – und ich konnte zwei Charts mal wieder unverdunkelt sehen.

Viertens: Warren Buffets Strategie beim Kauf von Aktien und seine Outperformance gegenüber dem S&P 500 lässt sich ohne Probleme mit dem Modell der KGV-Expansion erklären. Er hat erstklassige Unternehmen wie COCA COLA oder AMERICAN EXPRESS zu einer Zeit gekauft, als ihr KGV sehr niedrig stand. Sie waren in einer Krise.

Wer heute COCA COLA kauft, der mag die gleich Aktie besitzen wie der große Meister – er hat aber keine Chance, mit ihr besser abzuschneiden als der Index. Mit einem ETF auf den S&P 500 fährt er besser.

Fünftens: Besonders erfolgreich sind Anleger mit Aktien von kleinen Unternehmen mit niedrigem KGV – die nicht nur viel Raum für Wachstum haben, sondern diesen auch zu nutzen wissen. Dann bekommst du zweierlei. Erstens eine KGV-Expansion. Und zweitens ein starkes Wachstum der Umsätze und der Gewinne.

Wie das dann ausgeht, das siehst du morgen im zweiten Teil meiner  Serie über KGV-Expansionen und -Kontraktionen. Natürlich wirst du wieder ein Unternehmen kennenlernen, das von Migranten gegründet wurde. Versprochen. Sie sind mit ihm Milliardäre geworden.

Es ist eine ganz besondere Firma. Und es ist die erfolgreichste amerikanische Aktie der letzten 20 Jahre. Zumindest ist es die erfolgreichste Aktie die ich kenne. Sie hat um unglaubliche 150.000 Prozent zugelegt. Hier kommt schon mal ein Blick auf den Chart:

 

 

Hast du damals 10.000 Euro in dieses Unternehmen angelegt, dann bist du 20 Jahre später also im Besitz von knackigen 15 Mio. Euro. Und das alles hat auch mit der KGV-Expansion zu tun. Und mit Apfelsaft.

Ja, du hast richtig gelesen: Mit Apfelsaft. Denn die Firma um die es morgen geht, produzierte vor 20 Jahren schon seit vielen Generationen Apfelsaft. Wie man mit Apfelsaft und einer deutlichen KGV-Expansion zum Milliardär werden kann – darüber gibt es morgen mehr. Hier – auf grossmutters-sparstrumpf.

Stay tuned!

 

Wenn du keinen Beitrag mehr verpassen willst, dann bestell doch einfach den Newsletter! So wirst du jedes Mal informiert, wenn ein neuer Beitrag erscheint!

 

6 Kommentare

  1. Felix

    Ich habe in diesem Bereich seit Jahrzehnten schlicht und ergreifend McDonalds und was soll sich sagen: Mein bestes Pferd im Stall, was Kurs und Dividendenwachstum anbelangt. Da sieht man den Zinseszins-Effekt so richtig am Arbeiten – eine Gelddruckmaschine diese Aktie. Meine zweitbeste ist in der Tat: Microsoft.

    Was KGV-Expansion angeht, so würde mir bei Netflix Angst und Bange werden. Amazon mit seiner überwältigenden Kundenbasis und Google mit Youtube werden da noch kräftig mitmischen.

    Da Sie im weiteren Sinne viel Silicon-Valley im Wiki haben, vermisse ich eigentlich Tesla.

    Antworten
    1. Felix

      Der Kommentar sollte sich eigentlich an Ihre Antwort anschließen.

      Aber nachdem ich schon nochmals einen Kommentar aufgemacht habe: Das Wiki hat eine tolle Performance erzielt, was an der High-Tech-Ausrichtung liegt. Diese Werte sind in letzter Zeit sehr gut gelaufen. Ich weiß nicht, ob es da nicht bald zu einer Branchen-Rotation kommt. Bio-Tech sehe ich eher unterbewertet.
      Das Zweite, was mir auffällt: Sehr US-lastig, was natürlich mit oben direkt zusammenhängt. Ob Apple seine „Maste of Universe Position auf mittlere Sicht halten kann, ist für mich auch noch offen. Ein weitgehend geschlossenes, steuerlich fragwürdiges und geheimnisumwittertes System passt eigentlich nicht in unsere Zeit. Ich sehe sie so als die Microsoft der 2000er Jahre: Eine Cash-Maschine, die ihre Innovationsfähigkeit weitgehend eingebüßt hat.

      Antworten
    2. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      TESLA war in der Tat eine zeitlang in meinem persönlichen Depot – allerdings nie im wiki. Ich setzte hier auf diesem Blog auf Sicherheit – die ist mit TESLA nicht zu haben. TESLA ist kein Investment wie APPLE oder MASTERCARD – sondern eine Wette. Jeder darf solche Wetten eingehen. In Großmutters-sparstrumpf aber gehören sie nicht.
      Um starke Wachstumsunternehmen muss einem nicht Angst und Bange werden. Ich bin bei AMAZON wie bei NETFLIX die Ruhe selbst. AMAZON wächst so stark und generiert dabei so große Summen an Cash, dass ich mir um zukünftige Gewinn bei denen wirklich keine Sorgen mache. Ein sehr hohes KGV ist an sich noch kein Anzeichen, für ein unsolides Unternehmen. In dem Fall überzeugt mich das Geschäftsmodell. Und der Firmeninhaber Jeff Bezos auch.
      Ich zweifele nicht einen Augenblick daran, dass AMAZON mal sehr profitabel sein wird. Da wird Zukunft gehandelt – ohne Frage. Mir persönlich ist das viel lieber als ein Unternehmen wie DAIMLER das Gewinne von 8 Milliarden ausweist – und gleichzeitig 20 Milliarden Euro an Schulden aufnimmt. Das wird mir nun wiederum Angst und Bange.

      Antworten
      1. Felix

        Vielen Dank für Ihre Einschätzungen!

        Antworten
  2. Felix

    Mich würde interessieren, wie Sie in dieser Hinsicht Chipotal Mexican Grill einschätzen, die sich im Wikifolio befindet. Weitere Kontraktion oder absehbare KGV-Expansion?

    Bin gespannt auf ihre Einschätzung.

    Antworten
    1. Christian Thiel (Beitrags-Autor)

      CHIPOTLE habe ich aufgenommen, als es nach einem Turnaround aussah. Dazu ist es dann aber nicht gekommen, vermutlich auch nur NOCH nicht gekommen. Aktien mit Turnaround haben völlig andere KGVs. Entweder haben sie gar keins (bzw. ein negatives). Oder sie haben logischerweise ein sehr, sehr hohes. Die Gewinne sind ja eingebrochen. Wenn der Turnaround gelingt, sinkt das KGV dann wieder in normale Regionen.
      CHIPOTLE ist eine sehr kleine Position im wiki (wie auch in meinem Depot). Ich beobachte sie weiter. Wenn ich sehe, dass sie sich erholt, was ich vermute, dann kaufe ich nach. Aber erst dann.
      An CHIPOTLE kann man gut sehen, dass nicht jede Aktie die gerade Probleme hat auch zu einem sehr niedrigen KGV notiert. Auch dazu werde ich sicher mal was schreiben.
      Schöne Grüße aus Berlin
      Christian

      Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Felix Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert